Vietnam hat es bislang so gut durch die Corona-Krise geschafft wie kaum ein zweites Land. Nach anfänglichen Betriebsstörungen hat sich die Wirtschaft schnell erholt und profitiert nun von der verstärkten Nachfrage aus dem Ausland nach Elektronik- und Medizinprodukten. Für diese hohe Resilienz hat die Regierung einiges getan.

Nicht nur wirtschaftlich hat das Virus in Vietnam kaum negative Auswirkungen, auch die Infektionszahlen sind gering. So ist Mitte Februar das erste Mal seit fünf Monaten wieder ein Patient an Covid 19 verstorben. Insgesamt verzeichnet das Land nur 36 Todesfälle. Zurückzuführen ist das vor allem auf die sehr strikten Maßnahmen, die der Staat fährt. Wie „Die Zeit“ berichtet, setzte das Land auf die komplette Auslöschung des Virus.

Dafür werden nach einem Ausbruch Minutenprotokolle darüber geführt, wo sich Infizierte aufgehalten haben. Alle direkten und indirekten Kontakte müssen sich in 14-tägige Quarantäne begeben – zuhause oder in staatlichen Einrichtungen – und werden mehrmals täglich auf Syntome untersucht. Sprechen sei in den Quarantänezentren nicht erwünscht. Zudem werden ganze Straßen verbarrikadiert, Millionenstädte komplett von ihrer Umgebung abgeschottet. Auch das Land selbst ist abgeriegelt, die Grenzen sind seit Monaten für alle Ausländer geschlossen. Für die Einwohner gab es bereits sehr früh ein Reiseverbot. Dass es doch zu einer zweiten Welle kommen konnte, wird auf illegale Einwanderer aus China zurückgeführt.

Wirtschaft profitiert

In ihrem aktuellen Länderbericht zu Vietnam zeigt die Credendo Group auf, welche positiven Auswirkungen diese Gesundheitspolitik auf die Wirtschaft hatten. Während sich fast alle Länder weltweit in der Rezession befinden, hat Vietnam eine beispiellose Wirtschaftsleistung erbracht. Die Warenexporte durch die erhöhte Nachfrage nach Elektronik- und Medizinprodukten angestiegen. Schon zuvor war Vietnams Export gestiegen, da das Land von den US-Sanktionen gegen China direkt profitiert hat.

Einen großen Beitrag zum BIP-Wachstum haben auch höhere staatliche Infrastrukturinvestitionen geleistet. Zusätzliche Impulse hat es durch die Geldpolitik gegeben, da der Zins von 6 auf 4 Prozent gesenkt wurde. Gelitten haben die Dienstleistungsexporte, die durch den Einbruch im Tourismus zurückgegangen sind.

„Aus rein wirtschaftlicher Sicht ist Vietnam ein sehr gutes Beispiel, wie man mit Pandemien umgehen kann“, so GFL-Geschäftsführer Marcus Sarafin. „Hier sieht man, dass diese Länder aus vergangenen Virenausbrüchen (SARS, MERS, Schweinegrippe …) viel Erfahrung gewonnen haben, die nun ausgesprochen hilfreich ist.“

Risken sind stabil geblieben

Die Konsequenz: Durch das konsequente Management der Pandemie haben sich die Wirtschafts- und Finanzrisiken bisher nicht erhöht. Zwar ist die Krise an der Wirtschaft nicht spurlos vorbeigegangen – mit 2,8 Prozent verzeichnet Vietnam das niedrigste Wachstum seit den 80er Jahren –, dennoch lag es im positiven Bereich und dürfte nach Einschätzung von Credendo 2021 und 2022 eine Beschleunigung 6,5 bis 7 Prozent verzeichnen.

Die Auslandsverschuldung ist niedrig, die Leistungsbilanz positiv. Die öffentlichen Finanzen stellen hingegen eine strukturelle Schwäche dar. Die Staatsverschuldung liegt aktuell bei rund 46 Prozent des BIP. Ein weiteres Risiko bildet der fragile Bankensektor. Abwärtsrisiken, die für die nahe Zukunft bestehen, sind vor allem externen Ursprungs, wie die Zunahme des weltweiten Protektionismus.

Die Credendo Group hält ihre Bewertung des politischen Risikos daher weiterhin aufrecht: Das kurzfristige politische Risiko wird in Kategorie 2/7 eingestuft, das mittel- bis langfristigen politische Risikos in Kategorie 4/7.

Mehr zu den Hintergründen der Credendo-Bewertung finden Sie hier.

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