Die Lage in Argentinien ist extrem angespannt. Eine tiefe Rezession und große Armut beuteln das Land. Die Credendo Group stuft das mittel- bis langfristige politische Risiko daher nun in der schlechtesten Kategorie 7/7 ein (zuvor 6/7). Auch die Aussichten für das kurzfristige Risiko bleiben angesichts verschärfter Kapitalverkehrskontrollen und rasch rückläufiger Währungsreserven negativ.

Die Corona-Krise hat Argentinien in einer bereits eh schon wirtschaftlich schwierigen Zeit getroffen. Die schwache argentinische Wirtschaft verfügt über keinerlei Puffer. Im vergangenen Jahr wurde das Land bereits von einer Währungskrise gebeutelt, die mit Kapitalabflüssen und Hyperinflation einherging. „Dies führte zu einer Wiedereinführung von Währungskontrollen, veranlasste die Zentralbank zu einer beispiellosen Erhöhung der Zinssätze, verschärfte die Rezession und brachte das Investorenvertrauen auf einen Tiefpunkt“, beschreibt Credendo die Lage im aktuellen Länderrisiko-Report.

Auf die Covid-19-Krise hat Argentinien mit einem der weltweit längsten und strengsten Lockdowns reagiert. Das führte nicht nur in der Bevölkerung zu Demonstrationen, auch die Wirtschaft ist infolgedessen noch weiter eingebrochen. So wird erwartet, dass die Rezession, die bereits seit 2018 herrscht, sich dieses Jahr auf zwölf Prozent ausweitet.

Einbruch des Pesos

Argentinien konnte daher bereits zum neunten Mal seine staatlichen kommerziellen Schulden nicht begleichen. Die Situation wurde zusätzlich vom Einbruch des Pesos verschärft, da zwei Drittel der Staatsverschuldung auf Fremdwährung lauten. So hat er während der ersten zehn Monate dieses Jahres weitere 30 Prozent seines Wertes zum US-Dollar eingebüßt. Eine starke Abwertung scheint unausweichlich. Mit den privaten Anleihegläubigern einigte man sich daher auf eine umfassende Umstrukturierung der Staatsverschuldung und führte zusätzliche Kapitalverkehrskontrollen ein.

Doch auch IWF-Schulden in Höhe von 44,9 Milliarden US-Dollar stehen noch aus. Gespräche mit dem Internationalen Währungsfonds stehen daher in den kommenden Monaten an. Die könnten allerdings schwierig werden, denn der neue Präsident Fernández verliert aufgrund der strengen Lockdown-Maßnahmen zunehmend an Rückhalt.

Fernández hat daher möglicherweise nicht die Unterstützung seines Volkes, wenn der IWF schwierige Maßnahmen wie die Reduzierung des Haushaltsdefizits durch Ausgabenkürzungen oder Rentenreformen fordert. Ein neues IWF-Programm sei jedoch unerlässlich, urteilt die Credendo Group, damit Argentiniens Liquidität gewährleistet ist und die Regierung einen ganzheitlichen Mehrjahresfahrplan zur Stärkung der schwächelnden Wirtschaft vorlegen kann.

Neue Risikobewertungen

Aufgrund der angespannten Lage hat Credendo die Risikobewertungen für Argentinien nun angepasst: Kurzfristige politische und ähnliche Risiken, die sich auf Handelsgeschäfte oder handelsbezogene Geschäfte auswirken, bewertet der Kreditversicherer mit Kategorie 6/7, die langfristigen Risiken stuft er auf 7/7 ein. Bargeldgeschäfte werden ebenfalls mit einem Risiko von 6/7 bewertet. Das systemische Geschäftsrisiko landet in der schlechtesten Kategorie C.

Für Investitionen im Ausland sieht die Lage etwas besser aus. Das Risiko politischer Gewalt stuft der Versicherer als eher niedrig ein (2/7). Das Enteignungsrisiko ist mit 5/7 schon höher. Das Risiko für Währungsinkonvertibilität und Beschränkungen für Geldtransfers ist jedoch wieder extrem hoch (7/7).