Die wirtschaftliche Lage in Deutschland bleibt angespannt. Doch ein Segment der Unternehmensfinanzierung zeigt sich davon weitgehend unbeeindruckt: Factoring. Der gerade erschienene Jahresbericht 2024 des Deutschen Factoring-Verbandes e.V. zeigt, warum Factoring gerade in Krisenzeiten eine essenzielle Rolle spielt.

Factoring-Volumen wächst erneut

Entwicklung der Factoringquote
Grafik & Quelle: Deutscher Factoring-Verband

Im Jahr 2024 stieg das Factoring-Volumen der Mitgliedsunternehmen auf 398,8 Milliarden Euro – ein Wachstum von 3,7 % gegenüber dem Vorjahr. Damit konnte Factoring seine Funktion als Stabilisator in der Unternehmensfinanzierung erneut unter Beweis stellen.

Die Factoring-Quote, also das Verhältnis von angekauftem Forderungsvolumen zum nominalen BIP, lag wie im Vorjahr bei 9,3 %. Die symbolische Marke von 10 % bleibt somit weiterhin knapp verfehlt – allerdings liegt dies auch an der inflationsbedingt gestiegenen BIP-Nennsumme, was das Wachstum der Branche statistisch relativiert.

Export-Factoring boomt

Der entscheidende Wachstumsmotor im Jahr 2024 war das internationale Factoring-Geschäft. Mit einem Anstieg von 8,9 % auf 118,3 Mrd. Euro konnte dieser Bereich deutlich zulegen – besonders getragen vom Export-Factoring, das allein auf 112,8 Mrd. Euro (+9,7 %) anwuchs.

Damit entwickelte sich das Factoring im Export deutlich besser als der Gesamtexport der deutschen Wirtschaft, der laut Statistischem Bundesamt um 1,0 % auf 1.559 Mrd. Euro schrumpfte. Dies unterstreicht die Rolle von Factoring als verlässliches Instrument der Exportfinanzierung, gerade in einem global angespannten wirtschaftlichen Umfeld.

Weniger erfreulich verlief das Import-Factoring: Hier sank das Volumen um 3,5 % auf nur noch 5,6 Mrd. Euro – ein historischer Tiefstand. Auch dieser Rückgang spiegelt die allgemeine Schwäche der Importnachfrage in Deutschland wider.

Stabiles Inlandswachstum – aber unter Druck

Das nationale Factoring-Geschäft legte um 1,7 % auf 280,5 Mrd. Euro zu. Zwar zeigt sich hier weiterhin ein positiver Trend, doch dämpfen strukturelle Herausforderungen das Wachstum: Konsumzurückhaltung, hohe Finanzierungskosten und zurückgehende Investitionsbereitschaft wirken sich spürbar auf die Geschäftsdynamik aus.

Finanzierung finden

Kundenzahlen auf hohem Niveau

Die Zahl der Kunden im Factoring stieg leicht auf 106.850, ein Plus von 0,4 %.

Während 93,9 % der Kunden dem KMU-Segment (bis 10 Mio. Euro Umsatz) zuzurechnen sind, machen diese nur 24,2 % des Umsatzes aus. Umgekehrt erwirtschaften Großkunden – weniger als 2,5 % der Kunden – knapp 60 % des Gesamtvolumens. Das zeigt: Factoring ist ein Schlüsselinstrument für große, exportorientierte Unternehmen, wird aber zunehmend auch von kleineren Betrieben genutzt.

Branchen-Ranking im Factoring bleibt stabil

An der Spitze der wichtigsten Branchen im Factoring hat sich 2024 wenig verändert:

  1. Handel und Handelsvermittlung
  2. Gesundheitswesen
  3. Ernährungsgewerbe
  4. Metallerzeugung/-verarbeitung
  5. Fahrzeugbau

Der Fahrzeugbau konnte trotz struktureller Krisen zwei Plätze im Ranking gutmachen, während die Herstellung von Maschinen, Metallerzeugnissen und chemischen Produkten stabil auf den nachfolgenden Plätzen blieb. Insgesamt zeigt sich: Die Factoring-Nachfrage ist branchenübergreifend robust, mit besonderer Relevanz für industrielle Kernbereiche und die Gesundheitswirtschaft.

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Factoring-Arten: Inhouse bleibt Spitzenreiter

Factoringarten im Vergleich
Factoring-Arten im Vergleich. Grafik & Quelle: Deutscher Factoring-Verband

In Bezug auf die Factoring-Arten dominiert weiterhin das Inhouse-Factoring mit einem Marktanteil von 65 %, gefolgt vom Full Service-Factoring mit 27 %. Das sogenannte Fälligkeits-Factoring kommt auf einen Marktanteil von 8 %.

Diese Verteilung zeigt, dass viele Unternehmen zunehmend selbst das Debitorenmanagement übernehmen (Inhouse), während sie Finanzierung und Ausfallschutz an Factoring-Gesellschaften auslagern.

Forderungslaufzeiten: Inland verbessert, Ausland verschlechtert

Die durchschnittliche Forderungslaufzeit sank leicht auf 39,3 Tage. Im Inland sogar auf nur 38,3 Tage, was angesichts steigender Insolvenzen bemerkenswert ist. Verantwortlich dürfte hier ein strengeres Risikomanagement sein. Im Ausland stiegen die Laufzeiten auf 52,3 Tage – ein Zeichen für höhere Unsicherheiten und längere Zahlungsziele im internationalen Geschäft.

Ausblick 2025: Vorsichtiger Optimismus

Der Ausblick der Verbandsmitglieder für 2025 fällt zurückhaltend aus. In der jährlichen Konjunkturumfrage bewerten die Unternehmen die Erwartungen für das laufende Jahr mit der Schulnote 2,7 – der schwächste Wert seit 2007. Grund dafür sind politische Unsicherheiten, steigende Insolvenzen und regulatorischer Druck.

Gleichzeitig sieht der Verband auch Chancen: Gelingt es der Politik, Bürokratie abzubauen und gezielte Wachstumsimpulse zu setzen, könnte sich die Branche auch 2025 als Wachstumsträger und Stabilitätsanker behaupten.

Mit Blick auf 2025 bleibt abzuwarten, ob politische Weichenstellungen und wirtschaftliche Erholung neue Dynamik bringen. Sicher ist: Factoring wird auch künftig ein zentrales Element moderner Unternehmensfinanzierung bleiben.

Den kompletten Jahresbericht des Deutschen Factoring-Verbandes gibt hier zum kostenlosen Download.