ESG ist keine Kür. Dessen sind sich die meisten Unternehmen bewusst. Auch bei den Kreditversicherern rückt das Thema immer stärker in den Fokus. Unternehmen bestimmter Branchen oder Sparten haben es mittlerweile schwer, einen Kreditversicherungsvertrag abzuschließen. Ein Überblick.

Grüne FinanzierungDas Thema ESG (Environment, Social, Governance) links liegen zu lassen, können sich kaum noch Unternehmen erlauben. Auf dem Spiel stehen Image, Wettbewerbsfähigkeit sowie die Qualität der Kundenbeziehungen, aber auch der Zugang zum Kapitalmarkt oder zu Versicherungen. So machen sich auch Kreditversicherer immer mehr Gedanken, welche Kunden sie möchten – und welche nicht.

Dabei werden die Kriterien immer weiter nachjustiert und verschärft. Schließlich müssen sich auch Kreditversicherer an ihren Nachhaltigkeitskriterien messen lassen und ihr Portfolio ggf. anpassen.

„Wir erleben zunehmend, dass es einzelne Unternehmenssparten gibt, für die es mittlerweile fast unmöglich ist, einen Versicherungsschutz zu bekommen“, berichtet Juliane Sarafin, Leiterin der GFL-Kundenbetreuung. „Die Kreditversicherer agieren dabei sehr unterschiedlich: Manche schließen Unternehmen bestimmter Branchen kategorisch aus, manche entscheiden individuell von Fall zu Fall.“

Wir haben uns bei drei großen Kreditversicherern umgeschaut und zusammengefasst, auf welche ESG-Kriterien sie achten:

Coface

Windkraft ESGDer Kreditversicherer Coface hat im Rahmen seiner CSR-Strategie entschieden, in der Zeichnung und Entschädigung von Risiken bestimmte Geschäfte nicht mehr zu decken. „Die Entscheidung spiegelt die Entschlossenheit der Gruppe wider, unethische und/oder unverantwortliche Geschäftsaktivitäten zu vermeiden, einen Beitrag zum Pariser Klimaabkommen zu leisten, Reputationsrisiken zu verringern und für unsere Kunden, Partner und Investoren attraktiv zu bleiben“, teilt das Unternehmen mit.

2023 hat Coface beschlossen, keine neuen kurzfristigen Kreditversicherungsverträge auf fossile Brennstoffe mehr abzuschließen.

Als Beispiel führt Coface den Bereich „Kraftwerkskohle“ an. Konkret hat der Versicherer das Angebot von Einzelrisikokreditversicherungen und Bürgschaften für Projekte zur Gewinnung oder Erzeugung von Kraftwerkskohle eingestellt und stellt auch keine Kreditversicherungspolicen für den Verkauf von Kraftwerkskohle durch Rohstoffhändler oder andere Unternehmen aus.

Darüber hinaus dürfen Geschäfte, die im Rahmen der von Coface oder ihren Partnern ausgestellten kurzfristigen Kreditversicherungsverträgen getätigt werden, keine Aktivitäten im Zusammenhang mit Drogen (Nicht-Arzneimittel), Glücksspiel, Pornografie oder dem Handel mit gefährdeten Arten umfassen. Auch bei Tabakunternehmen greifen die CSR-Richtlinien. Für den Verteidigungssektor setzt Coface eine äußerst restriktive Zeichnungspolitik im Bezug auf sensible Länder oder sensible Ausrüstungen um.

Allianz Trade

Bei Allianz Trade prüfen das Vertriebsteam und ein Sustainability Office jedes neue oder erneuerte Geschäft hinsichtlich der ESG-Risiken.

Um seine Energierichtlinien zu erfüllen, hat der Kreditversicherer den Versicherungsschutz für einige sensiblen Geschäftsbereiche im Zusammenhang mit Kohle, Ölsanden sowie Öl und Gas eingestellt. Dazu gehören u.a. der Bau und/oder Betrieb von Wärmekraftwerken und Bergwerken, in denen Kohle abgebaut wird, die Exploration und Erschließung von neuen Öl- und Gasfeldern oder der Bau neuer Ölkraftwerke.

Zum 1. Januar 2025 wird Allianz Trade seine ESG-Praktiken nochmals verschärfen. So sollen keine neuen Versicherungspolicen mehr ausgestellt oder erneuert werden für Unternehmen, die alle drei folgenden Bedingungen erfüllen:

  1. Die vorherrschende Tätigkeit (>50% der Einnahmen) ist mit Öl und Gas verbunden (außer Nichtenergie/Petrochemie).
  2. Das Unternehmen hat eine Jahresproduktion von mehr als 60 Millionen Barrel Öläquivalent.
  3. Das Unternehmen erfüllt bis 2050 nicht die Netto-Null Treibhausgasemissionen in allen drei Bereichen der Treibhausgasemissionen, wie sie im Greenhouse Gas Protocol definiert sind.

Für Unternehmen, die von den Energieleitlinien betroffen wären, sich aber für den Übergang engagieren, gibt es einen grünen Ausnahmeansatz.

Zudem führt Allianz Trade eine Liste mit sensiblen Ländern, um Transaktionen in Ländern zu identifizieren, in denen systematische Menschenrechtsverletzungen vorkommen.

Atradius

Atradius Deutschland schließt keine Abnehmer und/oder Kunden bestimmter Branchen pauschal aus. „Im Rahmen der Kreditprüfung nehmen wir immer eine individuelle Risikobeurteilung vor, in der ESG-Kriterien eine wichtige Rolle spielen“, heißt es von Seiten des Kreditversicherers. Atradius sei sich „seiner Verantwortung für den Handel bewusst und versteht sich als Partner, der Unternehmen in dem Transformations-Prozess zu einem nachhaltigeren Handeln begleitet.“

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