Täuschen die Zahlen oder kommen die deutschen Unternehmen besser durch die Krise als erwartet? Fakt ist, dass die Zahl der Insolvenzen 2020 weiter gesunken ist. Dafür dürfte auch das Aussetzen der Insolvenzantragspflicht verantwortlich sein. Doch zu welchem Anteil?

Die nackten Zahlen zeichnen ein durch und durch positives Bild: Im ersten Halbjahr 2020 sind die Insolvenzanträge um 6,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken. Das meldet das Statistische Bundesamt. Allein im Juli sind die Unternehmenspleiten um 16,7 Prozent zurückgegangen – nur 1369 Anträge wurden eingereicht. Auch im September hat dieser Trend wohl angehalten: Laut den vorläufigen Angaben des Bundesamts zu den eröffneten Regelinsolvenzen, ist die Zahl der Verfahren um 34,5 Prozent gesunken.

Allerdings ist das Insolvenzgeschehen über die Branchen hinweg sehr unterschiedlich verteilt: Im Handel, im Bau, im Gastgewerbe und bei freiberufliche, wissenschaftlichen sowie technischen Dienstleistungen gab es im ersten Halbjahr besonders viele Pleiten.

Trendwende ab Oktober?

Ein Grund für die sinkende Zahl ist die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht seit März 2020. Unternehmen, die akut zahlungsunfähig sind, müssen allerdings bereits seit 1. Oktober wieder einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen. Sie haben dafür maximal drei Wochen Zeit.

Eine längere Schonfrist haben Firmen, die pandemiebedingt überschuldet sind. Damit sie sämtliche Möglichkeiten ausschöpfen können, um zu sanieren und zu refinanzieren, läuft für sie die Antragspflicht erst Ende des Jahres wieder an.

Ob es nun tatsächlich zum dramatischen Anstieg der Insolvenzen kommt, das hängt nach Einschätzung von GFL-Geschäftsführer Marcus Sarafin vor allem von den politischen Maßnahmen ab, die nun getroffen werden: „Die Prognosen im Frühjahr sagten einen Herbst mit vielen Insolvenzen voraus. Nun ist das Gegenteil der Fall. Jetzt wird ein steiler Anstieg für 2021 prognostiziert. Das kann sein, aber wir schätzen, dass durch die aktuelle zweite Welle erneut massive Hilfsmaßnahmen der Politik getroffen werden, um genau dieses Szenario zu verhindern.“