Die Weltwirtschaft steht weiterhin auf wackeligen Füßen. Zu diesem Schluss kommen die Volkswirte des Kreditversicherers Atradius. Zwar soll sich das EU-Wirtschaftswachstum in diesem Jahr leicht verbessern, andere Länder haben jedoch mit den niedrigen Ölpreisen zu kämpfen. Vor allem in Russland, Norwegen und der Ukraine wird die Wirtschaftsleistung 2015 vermutlich stark zurückgehen.

In nur sechs Monaten ist der Ölpreis von 110 US-Dollar auf 50 bis 60 Dollar gefallen. Was Autofahrer und Branchen wie das Transportwesen oder die chemischen Industrie freut, ist für das weltweite Wirtschaftswachstum nicht ganz so positiv. Während Atradius noch im Dezember 2014 ein Anziehen der Weltwirtschaft prognostiziert hat, haben die Experten ihre Prognosen nun nach unten geschraubt. Erwartet wird ein Wachstum von 2,7 Prozent, der gleiche Wert wie im vergangenen Jahr.

Regionen, die von den niedrigen Ölpreisen profitieren, sind die Eurozone und Asien. In der Eurozone scheint die Wirtschaft wieder anzuziehen, hier wird ein Wachstum von 1,5 Prozent erwartet. Die EU profitiert von der Geldpolitik der EZB, die die Exporte steigen lässt, und vom niedrigen Ölpreis, der die Energiepreise niedrig hält. Nach dem moderaten Wachstum von 0,9 Prozent im vergangenen Jahr ein deutliches Zeichen, dass es mit der europäischen Wirtschaft bergauf geht.

In den USA als großer Ölproduzent stellt sich die Lage ambivalenter dar. Zwar wird in diesem Jahr ein Wachstum von 2,9 Prozent erwartet, das deutlich über den 2,4 Prozent des vergangenen Jahres liegt, doch 2016 soll sich das wieder leicht auf 2,8 Prozent senken. Der private Konsum ist die treibende Kraft hinter dem Wachstum ­– die Arbeitslosigkeit sinkt, die Löhne werden 2015 voraussichtlich anziehen, die gesparten Energiekosten werden in den Konsum gesteckt. Die positiven Effekte des Ölpreises überwiegen daher die negativen.

Die prognostizierte Rezession hat Russland im vergangenen Jahr nicht getroffen: Die Wirtschaft ist gewachsen, wenn auch mit 0,6 Prozent eher moderat, die Arbeitslosigkeit ist sogar auf ein Rekordtief gesunken. Doch die Atradius-Experten sehen 2015 eine schwere Rezession anstehen, ausgelöst durch die Sanktionen, den Ölpreis, sinkendes Vertrauen, einen eingeschränkten Zugang zu Technologien und hohe Kreditkosten. Die Wirtschaft soll um 4,1 Prozent schrumpfen, die Investitionen um 10,5 Prozent.

Kritisch ist die Lage auch in Lateinamerika: Das verlangsamte Wachstum in China, die niedrigeren Rohstoffpreise und die Normalisierung der US-Geldpolitik dämpfen das Wirtschaftswachstum. Ein Rückgang wird in Brasilien (-1,1%), Argentinien (-0,5%) und Venezuela (-6%) erwartet, die zusammen rund zwei Drittel der Wirtschaftsleistung ausmachen.

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