Die Handelsbeziehungen zwischen der EU und der Schweiz bröckeln. Da das Rahmenabkommen zum Handel 2021 nicht zustande gekommen ist, gibt es immer noch ein Wirrwarr von mehr als 120 bilateralen Abkommen. Welche Auswirkungen das hat und warum aktuell wieder Bewegung in Handelsbeziehungen kommt, beleuchtet die Coface-Volkswirtin Christiane von Berg.

Dass die bestehenden Abkommen schon länger nicht mehr aktualisiert wurden, hat in den vergangenen Jahren zunehmend zu Problemen geführt, führt von Berg in einer Coface-Analyse aus. Die Basis für den wirtschaftlichen Austausch bildet demnach das Freihandelsabkommen von 1972. Darauf basierend gebe es mehr als 120 bilaterale Abkommen, die von Dutzenden gemeinsamen Ausschüssen und Untergruppen verwaltet werden.

Da die Schweiz der Europäischen Gemeinschaft (EG) nicht beigetreten ist, gibt es nun die beiden Verträge Bilaterale I und II. Der Dienstleistungshandel ist in beiden nicht jedoch inbegriffen. Das ist besonders kritisch, da Telekommunikations- und IT-Dienstleistungen einen bedeutenden Teil der Schweizer Importe und Exporte darstellen. Während die EU besonders schweizerische Finanzdienstleistungen in Anspruch nimmt, seien für die Schweiz die spezialisierten, europäischen Beratungsdienstleistungen wichtig, so von Berg.

Der Versuch, ein neues Rahmenabkommen zu schaffen, scheiterte im Mai 2021 endgültig, als die Schweiz die Gespräche darüber einseitig abgebrochen hatte. Knackpunkte waren unter anderem der EuGH als Streitschlichtungsmechanismus sowie die Wahrung des hohen Lohn- und Arbeitnehmerschutzes in der Schweiz.

„Seitdem hat die Rechtsunsicherheit in den Handelsbeziehungen erheblich zugenommen, da die kontinuierliche Weiterentwicklung des EU-Binnenmarktes immer komplexere Anpassungen der bilateralen Abkommen erfordert“, schreibt die Coface-Expertin. Spürbar sei das zum Beispiel in der Medizintechnik, wo Konformitätsbewertungen nicht mehr gegenseitig anerkannt werden. Als weitere Beispiele nennt sie auch die Erbringung von Dienstleistungen, die in der Schweiz aktuell meist acht Kalendertage im Voraus angemeldet werden müssen, sowie den Aktienhandel, der nicht über die Grenze hinweg möglich ist.

Von Schweizer Seite aus, kommt nun aber wieder Bewegung in die schwierige Beziehung: So hatte der Schweizer Bundesrat das Außenministerium beauftragt, die Eckwerte eines Mandates für neue Verhandlungsgespräche auszuarbeiten. Auch die EU zeigt sich verhandlungsbereit. Laut Coface-Analyse scheinen vier verschiedene Möglichkeiten wahrscheinlich: der EWR-Beitritt, ein Freihandelsabkommen, das Dienstleistungen enthält, ein vertikales Handelspaket für einzelne Branchen oder die Beibehaltung des aktuellen Status quo.

Die komplette Analyse finden Sie hier.