Auf den Kriegsausbruch in der Ukraine haben Deutschland und die EU mit umfassenden Sanktionen reagiert. Da diese zwingend berücksichtigt werden müssen, ergeben sich daraus auch Folgen für unsere Kreditversicherungs- und Finanzierungskunden. GFL geht davon aus, dass der Krieg auch wirtschaftliche Folgen für Unternehmen haben wird, die keine Beziehungen zu den beiden Ländern haben.

Atradius hat bereits angekündigt, den Deckungsschutz der Kunden entsprechend ihres aktuellen Bedarfs anzupassen, da viele wohl bereits ihren Handel mit Unternehmen in der Russischen Föderation und/oder der Ukraine reduziert oder eingestellt haben, bis sich die Situation wieder verbessert. Zudem wird der Kreditversicherer vorerst keine neuen oder zusätzlichen Deckungen mehr anbieten.

Auswirkungen auf Limitbereitschaft

GFL-Geschäftsführer Marcus Sarafin erwartet, dass auch andere Kreditversicherer ähnlich reagieren und Limite zurückschrauben oder gänzlich streichen werden. Zudem ist zu erwarten, dass es Aufpreise auf gewisse Limite geben wird – auch über Russland und die Ukraine hinaus. Treffen könnte das zum Beispiel Handelsländer wie Polen, Lettland, Litauen etc. oder Branchen wie die Energie-, Transport- oder Metallbranche. „Das Interesse an Neugeschäften ist signifikant gesunken, Konditionen könnten kurzfristig steigen, Vertragsbedingungen angepasst werden“, so die Erwartungen des Experten.

„Dieser Konflikt hat weltweite, sowohl politische als auch wirtschaftliche Folgen. Diese sind aktuell nicht einschätzbar“, beschreibt Sarafin die aktuelle Situation. „Das Risiko für Kreditgeber ­- Banken, Versicherer, Avalgeber – ist dadurch immens gestiegen.“ Momentan gibt es bei ihnen daher eine Vielzahl an Aktivitäten: zum Beispiel eine Überprüfung der die vorhandenen Risiken und das Erstellen von Maßnahmenplänen, wie man mit Kunden, Lieferanten, Bankpartnern umgehen wird. All das hängt auch von den politischen Entscheidungen bezüglich der Sanktionen und der daraus folgenden Zwangsmaßnahmen ab.

Wird der Krieg als Ausschlusskriterium bewertet?

Für Kunden mit einer laufenden Kreditversicherung bleibt abzuwarten, wie die jeweiligen Versicherer mit dem aktuellen Status umgehen werden: Greift die Kreditversicherung hier noch bei Schäden oder schließen die AVB dies schon aus? Heißt: Stellt der „Sanktionenkrieg“ schon ein Ausschlusskriterium nach den AVB dar?

Unternehmen, die Verbindungen zu Russland und der Ukraine haben, sollten sich darauf einstellen, dass Kreditversicherungs- und Finanzierungspartner mit Anfragen auf sie zu kommen werden bzgl. ihres Geschäftsmodells, ihrer Lieferketten, ihrer Zahlungsströme, Planungen und Liquidität. Unternehmen, die eine höhere prozentuale Verbindung zu Russland und/oder der Ukraine haben, werden sicherlich zeitnah negativ bewertet.

Steigende Insolvenzgefahr

„Die wirtschaftlichen Auswirkungen sehe ich als immens an“, bewertet Sarafin die aktuelle Lage. „Es wird ein Gasproblem auf uns zukommen, was heißt, dass die Energiepreise nochmals ansteigen.“ Der Ausbau erneuerbarer Energien wird nicht schnell genug gehen, um das Gasdefizit aufzufüllen – schon gar nicht für die Industrie.

Dadurch werde die Kaufkraft abnehmen und das Konsumverhalten sinken – eine verheerende Situation für den Einzelhandel nach zwei Jahren Pandemie. „Staatliche Maßnahmen für die Wirtschaft werden sicherlich kommen“, so der GFL-Experte, „doch wer soll das noch bezahlen?“

„Die Insolvenzgefahr für viele Unternehmen ist aus meiner Sicht deutlich gestiegen, denn alle wissen ja, dass es eine Vielzahl an Firmen gibt, die liquiditätsmäßig eher schlecht dastehen. Und aus den oben beschriebenen Gründen sehe ich, dass es nun nur noch enger werden kann“, befürchtet Sarafin. „Krieg in Europa und die Pandemie noch nicht vorbei: Europa wird nun zeigen müssen, wie es geschlossen in die Zukunft gehen wird – oder zusammenbricht. Es sind Zeiten, die die Welt nachhaltig verändern werden.“