Creditreform Zahlungsindikator: Längere Zahlungsziele treffen auf Rekord-Insolvenzen
Deutsche Unternehmen räumen ihren Kunden längere Zahlungsziele ein. Gleichzeitig erreicht die Zahl der Unternehmensinsolvenzen ein 20-Jahres-Hoch. Für viele Unternehmen entsteht daraus ein explosiver Mix: mehr finanzielle Vorleistungen bei gleichzeitig steigenden Risiken, auf offenen Forderungen sitzenzubleiben.
Längere Zahlungsziele unter Druck großer Abnehmer
Im ersten Halbjahr 2025 lag das durchschnittliche Zahlungsziel in Deutschland bei 31,46 Tagen – zwei Jahre zuvor waren es noch 29,93 Tage. Besonders marktstarke Großunternehmen setzen ihre Lieferanten unter Druck und erhalten inzwischen fast 34 Tage Zahlungsfrist. Kleine Unternehmen müssen sich dagegen mit nur 26,19 Tagen begnügen.
„Viele Lieferanten sehen sich nach mehr als zwei Jahren Krise gezwungen, großzügigere Fristen einzuräumen – gerade an große Abnehmer“, erklärt Patrik-Ludwig Hantzsch von Creditreform. Was für Kunden ein Liquiditätsvorteil ist, bedeutet für Lieferanten ein höheres Risiko: längere Vorfinanzierung bei unsicherer Zahlungssicherheit.
Rekord-Insolvenzen: Risiko für Gläubiger steigt
Parallel dazu nehmen die Insolvenzen dramatisch zu. Laut Statistischem Bundesamt stieg die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen im Juli 2025 um 19,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Damit wurde ein Niveau erreicht, das seit 20 Jahren nicht mehr verzeichnet wurde – nur übertroffen vom Rekordmonat April 2025.
Im ersten Halbjahr 2025 zählte Creditreform 11.900 Unternehmensinsolvenzen, ein Plus von 9,4 Prozent gegenüber 2024. Schon im Vorjahr war die Zahl deutlich gestiegen. Das Problem: Immer mehr Unternehmen bewerten ihre eigene Finanzlage als „problematisch“ – laut DIHK inzwischen 43 Prozent.
Längere Zahlungsziele in einer solchen Umgebung bedeuten für Lieferanten und Kreditgeber eine zusätzliche Gefahr: Jeder zusätzliche Tag kann über Zahlungseingang oder Forderungsausfall entscheiden.
Forderungen werden zwar schneller beglichen – aber nicht von allen
Zwar zeigt der Zahlungsindikator auch positive Aspekte: Die Verzugsdauer sank auf nur 7,89 Tage, der niedrigste Wert seit zehn Jahren. Zudem ging das durchschnittliche Forderungsvolumen pro Schuldner zurück (19.848 Euro gegenüber 23.618 Euro im Vorjahr).
Doch diese Zahlen verschleiern die strukturelle Schwäche: Rechnungen werden im Schnitt schneller bezahlt – solange der Schuldner zahlungsfähig bleibt. Gerät er jedoch in die Insolvenz, bleiben Forderungen oft komplett unbedient.
Neben Insolvenzen nimmt auch die Zahl der Unternehmensaufgaben zu. 2024 wurden laut Creditreform und ZEW 196.100 Betriebe geschlossen, ein Anstieg um 16 Prozent. Besonders betroffen waren technologieorientierte Branchen wie IT oder Umwelttechnik. Damit geht nicht nur Liquidität verloren, sondern auch wichtiges Know-how und Innovationskraft.
Schutz vor Zahlungsausfällen wird wichtiger
Die Verlängerung von Zahlungszielen bei gleichzeitig steigender Zahl von Insolvenzen ist ein gefährlicher Trend. Lieferanten und Kreditgeber müssen immer mehr Liquidität vorstrecken, während das Risiko eines Zahlungsausfalls wächst.
Unternehmen sollten deshalb:
- Bonitätsprüfungen intensivieren,
- Zahlungsziele differenziert gestalten (abhängig von Unternehmensgröße und Branche),
- Forderungsmanagement und Absicherungen konsequent nutzen.
Denn klar ist: Je länger eine Forderung offen bleibt, desto höher ist die Gefahr, dass sie im Insolvenzfall komplett verloren geht.
