Die Insolvenzen im Baugewerbe könnten dieses Jahr um 15 bis 20 Prozent steigen. Zu diesem Schluss kommt eine Analyse des Kreditversicherers Atradius. Eine Besserung der Lage sei kurzfristig nicht erkennbar.

Die hohen Zinsen treffen auf deutlich gestiegene Baupreise – das hemmt den Neubau von Wohn- und Gewerbeimmobilien. Laut Hauptverband der Bauindustrie sind die die Baugenehmigungen im ersten Halbjahr dieses Jahres um 17,3 Prozent gesunken. Besonders stark getroffen hat es Familienhäuser: Bei Einfamilienhäusern sind die Genehmigungen um rund ein Drittel eingebrochen, bei Doppelhäusern sogar um fast die Hälfte.

Atradius meldet, dass die Nichtzahlungsmeldungen in der Baubranche in den ersten sieben Monaten dieses Jahres bereits um rund 33 Prozent gestiegen sind. Auch die Liste der Insolvenzen wird länger: Bauunternehmen wie die Centrum-Gruppe, vier Gesellschaften des Projektentwicklers Gerch sowie drei Gesellschaften der Nürnberger Project-Immobiliengruppe mussten laut Tagesschau bereits Insolvenz anmelden. Im ersten Halbjahr 2023 ist die Zahl der Bauinsolvenzen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um neun Prozent gestiegen.

Atradius rechnet damit, dass sich das Zahlungsrisiko in den nächsten Monaten noch erhöhen wird. Betroffen seien vor allem kleinere Bauunternehmen, da diese weniger resilient seien. Damit könnte es einen großen Teil der Branche treffen – 85 Prozent der deutschen Baufirmen beschäftigen weniger als 20 Menschen. Der Kreditversicherer rechnet daher mit einem Anstieg der Insolvenzen um 15 bis 20 Prozent.

Besonders betroffen sei der Hochbau. Besser sehe die Situation bei Firmen aus, die ihren Schwerpunkt auf Infrastrukturprojekte insbesondere im Zusammenhang mit der Energiewende gelegt haben und im Elektro-Handwerk tätig sind. Hier seien Auftragsbücher immer noch gut gefüllt.

Staatliche Stützungsmaßnahmen fordert Atradius vor allem für den Wohnungsbau. Dass die von der Bundesregierung ausgegebene Marke von 400.000 neuen Wohnungen im Jahr noch gehalten werden kann, glaubt kaum jemand. Der Kreditversicherer rechnet damit, dass in diesem Jahr etwa 223.000 Wohnungen fertiggestellt werden, im nächsten Jahr sogar nur noch 177.000.