Die Stahlbranche hat zu kämpfen: Die Halbjahreszahlen zeigen ein Minus in fast allen Bereichen. So sinkt die Stahlproduktion auf das Niveau der Corona-Krise. Doch ob die Forderungen der Branche nach weiteren Subventionen die Lösung sind, ist fraglich.

Die Wirtschaftsvereinigung Stahl führt den Absturz der Produktion auf die schwache inländische Nachfrage und die hohen Strompreise zurück. Ihre aktuelle Bilanz sieht trüb aus: So sank die Rohstahlproduktion von Januar bis Juni um 5,3 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Besonders hart hat es den Bereich Elektrostahl getroffen: Er verzeichnete ein Minus von 13 Prozent. Die Vereinigung führt das unter anderem darauf zurück, dass die Elektrostahlherstellung zwar relativ emissionsarm, dafür aber besonders stromintensiv ist.

Für die Transformation hin zu grünem Stahl ist das ein herber Rückschlag. Elektrostahl bezeichnet das Recycling von Schrott mithilfe einer Lichtbogen-Schmelze. Es kommt praktisch ohne Kokskohle aus, benötigt jedoch große Mengen (teurer) Energie.

Eine Besserung der Lage ist aktuell nicht in Sicht. Im Gegenteil: Im Juni ist die Produktion stärker eingebrochen als im Halbjahresschnitt. Die gesamte Rohstahlproduktion verzeichnete ein Minus von 8,4 Prozent, beim Elektrostahl waren es sogar -20 Prozent.

„Vor allem die Strompreise sind gegenwärtig noch rund dreimal so hoch wie vor Beginn der Energiekrise“, schreibt der Verband in einer Pressemitteilung. Er verweist auf einen Bericht der Internationalen Energieagentur (IEA), wonach fast zwei Drittel des kräftigen Nettorückgangs der Stromnachfrage in der EU im Jahr 2022 auf die energieintensiven Industrien zurückgehen. Dazu komme die schwache inländische Nachfrage, die in der schwierigen Situation der Baubranche begründet sei. Schließlich sorgen die steigenden Zinsen, der Fachkräftemangel und die hohen Materialkosten dafür, dass aktuell kaum gebaut wird.

Um die Produktion wieder anzukurbeln, fordert die Wirtschaftsvereinigung Stahl einen „zeitlich befristeten, konditionierten und intelligent gemachten Brückenstrompreis“. Nur mit solch einer Unterstützung könne die Stahlwirtschaft ihren Beitrag zu einer klimaneutralen Wirtschaft leisten.

Wie die Welt berichtet, rät der wissenschaftliche Beirat des Bundesfinanzministeriums allerdings von der Einführung eines Industriestrompreises ab. Statt Luft für die Transformation zu schaffen, sei es ein Anreiz dank subventionierter Energie so weiterzumachen wie bisher.

Auch GFL-Geschäftsführer Marcus Sarafin fordert eine strategische Herangehensweise der Politik anstelle von Subventionen: „Politik soll Verlässlichkeit geben, die Zukunft bauen und die Menschen inklusive der Unternehmer mitnehmen.“ Die Stahlbranche sei ein schönes Beispiel dafür, wie es genau nicht passieren sollte: „Vor einigen Monaten waren alle Stahlwerke komplett ausgelastet, die Lieferzeiten beliefen sich teilwiese auf 8 bis 10 Monate. Heute suchen die Stahlproduzenten händeringend nach Aufträgen. Einer der Gründe: Die EZB hat viel zu lange mit Zinserhöhungen gewartet, nun ist das Desaster da. Auch die Abstimmungen innerhalb der EU helfen der Region überhaupt nicht, da es viel zu viele Unterschiede zwischen den Ländern gibt. Es wird geredet, Kompromisse gesucht und nach parteiinternen Ideologien gehandelt. Dabei braucht die Wirtschaft eine stabile, auf Langfristigkeit ausgerichtete Politik.“