Großbritannien will sich von den EU-Vorschriften für Versicherungen lösen. So sollen nun die Kapital-Anforderungen durch Solvency II gelockert werden. Es könnte die erste große Finanzreform der Briten nach dem Brexit werden.

Vielen in der Versicherungsbranche ist Solvency II ein Dorn im Auge: Auch in Zeiten niedriger Zinsen müssen Unternehmen mehr Kapital vorhalten, als sie für nötig halten. Investitionen werden dadurch gehemmt. Etwa auch solche in Infrastrukturprojekte wie Windparks, die nicht nur Wachstum schaffen, sondern auch dem Klima nutzen, wie die Süddeutsche Zeitung in einem aktuellen Artikel als Beispiel anführt. Wie die Financial Times anführt, könnten Versicherer um die 113 Milliarden Euro zusätzlich investieren, wenn sie sich von der EU-Richtlinie lösen dürfen.

In der EU sieht man das als Kampfansage an die EU, wie die SZ einen Europaabgeordneten zitiert. Diesen Kampf scheint die EU-Kommission jedoch aufnehmen zu wollen, denn auch hier soll die Solvency-II-Richtlinie angepasst werden. So will auch Brüssel die Anforderungen senken, wie viel Kapital die Versicherer vorhalten müssen. Andere Regelungen sollen hingegen schrittweise bis 2032 verschärft werden.

GFL-Geschäftsführer Marcus Sarafin sieht die Zeit reif, um unnötige regulatorische Anforderungen zu lockern. Dabei müsse Deutschland voranschreiten: „Wenn man ins Ausland schaut, muss man einfach feststellen, dass in vielen europäischen Ländern die behördlichen Anforderungen im Vergleich zu Deutschland deutlich geringer sind. Nun macht der Londoner Finanzplatz Druck auf die EU – damit wird Deutschland zunehmend unattraktiver, da die Regularien hier viel zu hoch sind.“

Für Sarafin spiegelt das auch ein allgemeines Problem im Verhältnis zwischen Staat und Wirtschaft wider: „Man hat einfach den Eindruck, der deutsche Behördenapparat misstraut seinem Volk, was sich in zahllosen Verordnungen, Anforderungen und Regularien zeigt. Was könnte Deutschland mit einem Staatsapparat bewirken, der stattdessen unterstützt, vertraut und im Sinne des Volkes arbeitet!“