Ob Esprit, Gerry Weber oder Tom Tailor – deutsche Modeunternehmen haben mit starken Umsatz-Einbrüchen zu kämpfen. Der Umsatz der Modekette Esprit sinkt schon seit Jahren und hat sich seit 2009/2010 mehr als halbiert. Verluste in Höhe von 248 Millionen Euro allein im letzten Geschäftsjahr sprechen eine deutliche Sprache. Auch bei der S.Oliver-Gruppe sieht es ähnlich aus. 

Die Gerry Weber AG ist bereits insolvent und schließt Filialen. Tom Tailor, seit diesem Jahr im mehrheitlichen Besitz der chinesischen Fosun Fashion Group,  führt derweil Gespräche über ein „vorzeitiges Ausscheiden aus der Gesellschaft“.

Ein seit mindestens 10 Jahren stagnierender Umsatz als auch neue Wettbewerber sorgen für sinkende Umsätze und Insolvenzen deutscher Mode-Unternehmen im mittleren Preissegment.

Wer profitiert?

Laut Auflistung der 100 größten europäischen Modelabels 2018 durch die Fachzeitschrift „Textilwirtschaft“, zählen Konzerne wie das französische Unternehmen Kering (Gucci, Bottega Veneta und Brioni) – Umsatzwachstum um 26,3% auf 13,7 Milliarden Euro –  und LVMH (Louis Vuitton, Dior und Marc Jacobs) – Umsatzwachstum um 19,3% auf 18,4 Milliarden Euro – zu den größten Gewinnern. Ähnlich gutes Wachstum weisen auch andere Luxusmarken wie Moncler, Versace, Chanel und Hermès auf.

Wodurch kommt die Schwäche des mittleren Marktsegments zustande?

Die Schwäche kommt weniger durch Luxus-Labels zustande, deren Wachstum vorwiegend durch asiatische Käufer begründet ist, als durch Billig-Anbieter wie Primark, Zara oder Reserved, die mittlerweile qualitativ mit den Marken des mittleren Preissegments mithalten können, wodurch die Bereitschaft sinkt, für gleiche bzw. ähnliche Qualität mehr zu bezahlen. 

Auch der Trend-Wechsel zu Streetwear spielt eine große Rolle. Sportartikel-Hersteller wie die britische Pentland-Gruppe (Ellesse), Supergroup (Superdry), sowie die deutschen Marken Adidas oder Puma glänzen mit gestiegenen Umsätzen.

Die Boohoo-Gruppe, die verstärkt mit Influencern arbeitet und Kleidung zu geringen Preisen vertreibt (Umsatzanstieg um ca. 48% im letzten Jahr), hat allein auf Instagram 6,1 Millionen Follower. Tom Tailor hingegen nur 85.000. Dies zeigt deutlich die Korrelation zwischen Online-Präsenz und wirtschaftlichem Erfolg

Laut GFL-Finanzexperte Fabian Sarafin sollten die Unternehmen dringend über eine Bearbeitung ihrer Geschäftsmodelle nachdenken, um dauerhaft konkurrenzfähig zu sein und auf dem Markt überleben zu können. Sehr wichtig ist es, sagt Sarafin, die Zielgruppen und deren Verhalten genauer im Fokus zu haben, um rechtzeitig auf Veränderungen des Marktverhaltens reagieren zu können. „Die Schnelllebigkeit des Marktes ist enorm; vernachlässigt man die Reformen, droht früher oder später die Insolvenz.“

Quelle: Wirtschaftswoche, 10.10.2019