Finanzierung: Immer mehr Banken setzen auf Rüstungsindustrie
In den letzten Jahren haben europäische Banken ihre Haltung gegenüber der Finanzierung der Rüstungsindustrie überdacht. Insbesondere die Commerzbank plant, ihr Engagement in diesem Sektor deutlich zu erhöhen. Dafür fordern die Banken die EU auf, ihre Nachhaltigkeitsrichtlinien zu überarbeiten.
Die EU will massiv aufrüsten: 800 Milliarden Euro sollen bis 2030 für die Rüstung bereitgestellt werden. Auch die europäischen Banken sind immer mehr bereit, diesen Kurs mitzugehen. Laut Bernd Spalt, Risikovorstand der Commerzbank, sieht sein Geldhaus im Verteidigungssektor „erhebliches Potenzial“ in einer ansonsten stagnierenden Wirtschaft.
Wie er in einem Interview mit dem Handelsblatt angibt, beläuft sich das Engagement der Commerzbank in der Verteidigungsbranche derzeit auf einen einstelligen Milliardenbetrag. Spalt schließt nicht aus, dass die Finanzierungssumme mittelfristig auf einen zweistelligen Milliardenbetrag anwachsen könnte.
Die Bank finanziere seit langem die Verteidigungsindustrie und sei bereit, dieses Geschäft auszubauen, wobei kontroverse Waffen wie Streubomben und Antipersonenminen weiterhin nicht finanziert werden.
Schwierige Finanzierung für Startups in der EU
Die Finanzierung der Rüstungsindustrie stellt Banken allerdings vor einige Herausforderungen. Oft stünden interne Regeln im Weg, berichtet ein Rüstungsunternehmer der Agentur Bloomberg, die selbst grundlegende Dinge wie das Eröffnen eines Bankkontos unmöglich machten. Während etablierte Unternehmen wie Rheinmetall, deren Bankbeziehungen schon vor den ESG-Regeln bestanden, kaum Probleme haben, sich zu finanzieren, sind die Herausforderungen für Startups teilweise immens.
Viele Banken würden Waffenhersteller als Reputationsrisiko betrachten, insbesondere im Hinblick auf ESG-Kriterien (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung). Auch bei den ESG-Kriterien der EU schneidet die energieintensive und ethisch umstrittene Herstellung von Rüstungsgütern schlecht ab.
Ganz anders sieht es in USA aus: Wie eine Bloomberg-Rangliste zeigt, sind die größten Anbieter von Konsortialkrediten für die Rüstungsindustrie und Akteure bei der Emission von Bonds allesamt US-Banken. Auch Startups hätten hier kaum Probleme, an Risikokapital zu kommen.
Alternative Finanzierungen sind gefragt
Für verantwortungsvolle Startups und Mittelständler, denen der Weg über die Hausbank versperrt bleibt, können alternative Finanzierer gegebenenfalls eine Lösung sein. Ob eine Finanzierung möglich ist, ist dabei eine Einzelfallentscheidung. „Sowohl Finanzierungsanbieter als auch Kreditversicherer agieren sehr unterschiedlich“, erklärt GFL-Expertin Juliane Sarafin. „Manche schließen Unternehmen bestimmter Branchen kategorisch aus, manche entscheiden individuell von Fall zu Fall.“
Dass die GFL-Experten auch für „schwierige“ Branchen immer wieder Lösungen finden können, liegt zum einen am umfassenden Marktüberblick, der sowohl etablierte Anbieter als auch Spezial-Finanzierer umfasst, zum anderen an der direkten Kommunikation. „Um eine passende Finanzierung zu finden, ist es nötig, genau zu wissen, welche Informationen wie aufbereitet werden müssen“, erläutert Sarafin. „Wenn Unternehmen reihenweise Anfragen ins Blaue verschickt haben, die daraufhin abgelehnt wurden, ist es auch für uns immens schwer, diese Absagen noch umzuwandeln. Wir appellieren daher an Firmen, sich frühzeitig an uns zu wenden.“