Analyse: Hier sind die geopolitischen Risiken am höchsten
Wo ist die Welt in Aufruhr und wo wird es in naher Zukunft vermutlich ruhig bleiben? Diese Frage beantwortet der „Global Risk Atlas“ von Credendo. Ein Risikofeld ist die Geopolitik – wo sich aktuell viel tut.
Der Risiko-Atlas unterscheidet fünf Risikofelder – Geopolitik, Staatsverschuldung, Klimaerwärmung, Demografie und Inflation –, die aber auch Einfluss aufeinander nehmen. Insgesamt hat Afrika mit vielen verschiedenen Risiken zu kämpfen, während Nordamerika relativ risikoarm scheint.
Was die geopolitischen Risiken angeht, ist es nicht verwunderlich, dass Russland und die Ukraine im Fokus stehen. Credendo erwartet, dass der Krieg das Jahr 2023 über andauern wird. Allerdings gibt es noch eine weitere potenzielle Krisenregion in Europa: So droht in Bosnien-Herzegowina die Abspaltung eines Landesteils. Das könnte starke Auswirkungen auf den gesamten Balkan haben. Der Kreditversicherer warnt, dass Putin ein großes Interesse daran hat, Instabilität zu fördern, wo er kann.
Der Ukraine-Krieg könnte auch die Spannungen zwischen Armenien und Aserbaidschan vertiefen. Der Konflikt zwischen den beiden Ländern schwelt schon seit Jahren. Dass Aserbaidschan nun eine Alternative zu russischem Gas ist, stellt allerdings eine neue Herausforderung dar.
Auf der anderen Seite zeichnen sich auf der globalen Risiko-Karte aber auch Entspannungen ab: In Venezuela wurde etwa ein Dialog zwischen dem Präsidenten und seinen Gegnern aufgenommen. Die zweite Region, in der die Zeichen auf Entspannung stehen, ist der Iran. Hier könnten die Demonstrationen gegen die Islamische Republik und autoritäre Regierung zu einer Revolution und einer Einführung der Demokratie führen. Nach Einschätzung des Kreditversicherers hätte das massive Auswirkungen – im positiven Sinne – auf den gesamten Mittleren Westen und den Kaukasus.
Für die nächsten Jahre erwarten die Länderrisiko-Experten, dass die offenen Konflikte mehrheitlich bestehen bleiben oder sich sogar ausweiten. Die Präsenz der Dschihadisten im Sahel destabilisiert die bereits vom Klimawandel gebeutelte Region weiterhin. Der Konflikt zwischen dem Iran und Saudi Arabien, der sich auch auf den Jemen, den Libanon und Syrien auswirkt, wird voraussichtlich weiterschwelen. Und auch die Wahl nächstes Jahr in der Türkei, könnte das Länderrisiko erhöhen.
Sowohl von Seiten Nordkoreas als auch im Konflikt zwischen China und Taiwan sehen die Experten hingegen in naher Zukunft keine zunehmenden Risiken. So sei China momentan nicht bereit, Taiwan zu erobern und regieren. Das sei frühstens 2030-2035 der Fall – bis wohin noch einiges passieren könnte.
Alles in allem würde die Welt von einer monopolaren Ordnung – der Pax Americana – zu einer bi- oder multipolaren Ordnung übergehen. Der Ukraine-Krieg fordere traditionelle Allianzen heraus. So haben etwa nur rund 40 Länder Sanktionen gegen Russland verhängt. Für Europa wäre eine Lösung, die Mitgliedsstaaten enger zusammenzuschließen. Auch für andere Regionen könnten regionale Bündnisse – wie ASEAN oder die Arabische Liga – mehr Stabilität versprechen.
Sie möchten mehr zu den weiteren Risikofeldern erfahren? Den „Global Risk Atlas“ von Credendo finden Sie hier (auf englisch).