Kann ein einziger Hafen in China das Wachstum der deutschen Industrie hemmen? Diese Frage wird sich in den kommenden Monaten wohl beantworten lassen. Denn vor dem Hafen von Shenzhen stapeln sich die Container, da er für mehrere Tage aufgrund eines Corona-Ausbruchs geschlossen wurde. Die Folgen könnten lange nachwirken.

Der Containerhafen von Shenzhen ist eben nicht irgendein Hafen – er gilt als der viertgrößte der Welt. Im vergangenen Jahr wurden hier mehr als 27 Millionen Standardcontainer (TEU) umgeschlagen. Zum Vergleich: In Hamburg waren es gerade einmal 9 Millionen. Rund zehn Prozent der chinesischen Exportgüter werden hier verladen, was elektronische Geräte angeht, sind es sogar rund 90 Prozent.

Doch Mitte Juni kam alles in Stocken. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, konnten in den ersten zwei Juni-Wochen 298 Containerschiffe den Hafen nicht anfahren. Nach Expertenschätzungen konnten in dieser Zeit 357.000 Standardcontainer nicht verladen werden.

Auch wenn sich die Lage langsam wieder normalisiert – sie könnte noch monatelange Nachwirkungen nach sich ziehen. Denn durch die Blockade des Suezkanals im März ist die Lage eh schon angespannt. Die weltgrößte Reederei Maersk habe die Schließung des Shenzhen-Hafens sogar noch härter getroffen als der blockierte Kanal, so die SZ. Laut Merkur sind die bereits bestehenden Lieferverzögerungen bei der Reederei jetzt von 14 auf 16 Tage gestiegen.

Lange Staus vor dem Hamburger Hafen

Auch Lieferungen nach Deutschland sind schwer betroffen. Beim Hamburger Hafen gibt es lange Staus. Die Frachtschiffe werden deshalb aktuell nach Bremerhaven oder Wilhelmshaven umgeleitet. Das sorgt allerdings nur bedingt für Entspannung – auf Elbe und Rhein stauen sich dennoch die Frachtschiffe. Da die Seeschiffe Priorität haben, müssen die Flussschiffe in Hamburg bis zu einer Woche warten.

Das Chaos in der Frachtschifffahrt schlägt sich in langen Wartezeiten und in den Preisen nieder. In einem Brief an die Bundesregierung warnt die deutsche Industrie davor, was das für die Wirtschaft bedeuten könnte: „Es muss unbedingt vermieden werden, durch künstliche Engpässe der Transportkapazitäten in den maritimen Lieferketten den Hochlauf der Industrie ins Stottern zu bringen.“