Der Verfall des Ölpreises im Jahr 2014 hat die erdölexportierenden Länder völlig unvorbereitet getroffen. Während Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate allerdings den Preisrückgang recht gut bewältigt haben, ist es Oman und Bahrain bisher nicht gelungen, eine wirksame Konsolidierung des Haushalts zu erzielen. Die Auswirkungen sind laut des aktuellen „Risk Insight“ der Credendo Group ein Anstieg regionaler Spannungen und eine Spaltung innerhalb des Golfkooperationsrats (GCC).

Einbruch des Ölpreises

Der Verfall des Ölpreises ist deutlich: Lag er Ende 2014 noch bei 95,3 US-Dollar, ist er seitdem auf durchschnittlich 50,3 Dollar abgestürzt. Erst seit Mai diesen Jahres steigt er wieder etwas an. Der hohe Ölpreis führte zwar zu einem großen Haushaltsüberschuss, die Einnahmen wurden aber auch mit vollen Händen wieder ausgegeben: Die meisten Staaten nutzten das Geld für den Ausbau der Sozialsysteme oder umfangreiche Investitionsprogramme. Über einen langfristigen Finanzrahmen verfügte dabei kaum einer der GCC-Staaten.

Mit dem Einbruch des Ölpreises brachen auch die öffentlichen Einnahmen um nahezu 35 Prozent ein. Der Haushaltsüberschuss verwandelte sich in ein Defizit in Höhe von 33,86 Milliarden US-Dollar.

Haushaltskonsolidierung

Die politischen Reaktionen darauf waren sehr unterschiedlich: Die Regierungen in Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) trafen weitgehende Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung. Damit konnten sie ihre öffentlichen Defizite auf weniger als vier Prozent des BIP eindämmen. Geholfen hat auch, dass beide Länder über eine stärker diversifizierte Wirtschaft und gute Finanzpolster verfügten.

Oman und Bahrain hatten da größere Schwierigkeiten. Oman hatte während des Ölpreisbooms nur einen geringen Haushaltsüberschuss aufgebaut, in Bahrain wies der Haushalt bereits während des Booms ein Defizit auf. Auch Saudi-Arabien reagierte erst mit großer Verzögerung auf die neue Situation.

Heute wollen die Staaten unabhängiger vom Öl werden: Das Thema Diversifizierung steht weit oben auf der Tagesordnung. Laut Credendo wird aber noch viel Zeit vergehen, bis die Diversifizierungs- und Reformmaßnahmen ihr Ziel eines wirtschaftlichen Strukturwandels und tragfähiger alternativer Einnahmequellen für die sechs Staaten erreicht haben.

Spaltung des Rats

Ein großes Problem ist, dass die Reformen in einer Zeit durchgeführt werden, in der es zunehmende geopolitische Spannungen in der Region gibt – insbesondere zwischen Saudi-Arabien und dem Iran. Zudem hat die Katar-Blockade zu einer Spaltung innerhalb des Golfkooperationsrats geführt: Im Juni 2017 hatten Saudi-Arabien, die VAE und Bahrain zusammen mit Ägypten die diplomatischen Beziehungen zu Katar abgebrochen und alle Land-, See- und Luftverbindungen gesperrt. Neben der offen vorgeworfenen Terrorismusfinanzierung war ein – inoffizieller – Grund die gute Beziehung Katars zum Iran.

Credendo rechnet damit, dass sich diese Spannungen im Laufe des Jahres noch verschärfen. Wie die Agentur Reuters berichtet, hat Katars Außenminister erst diese Woche Saudi-Arabien vorgeworfen, die Region zu destabilisieren. Eine wichtige Frage ist laut des Kreditversicherers vor allem, ob die Länder auch bei einem Anhalten des aktuellen Ölpreisanstiegs oder einer Zunahme des öffentlichen Widerstandes ihre Reformanstrengungen aufrechterhalten.

Auswirkungen aus GFL-Sicht: Kreditversicherung und Working Capital

„Öl ist ein Schmierstoff der Wirtschaft“, formuliert es GFL-Geschäftsführer Marcus Sarafin prägnant. Als einer der wichtigsten Rohstoffe spielt Erdöl für die weltweite Wirtschaft eine besondere Rolle: Wenn der Preis steigt, führt das zwangsläufig zu höheren Kosten in fast allen Bereichen. Diese führen erfahrungsgemäß viele Firmen in die Insolvenz, da sie die gestiegenen Kosten nicht an die Kunden weiter geben können. Eine Absicherung vor Forderungsausfällen (Kreditversicherung) wird umso wichtiger. Zudem führen die steigenden Kosten automatisch zu einem höheren Bedarf an Working Capital, da zusätzlich viele Firmen über neue, verlängerte Zahlungsziele verhandeln werden.

Den kompletten Credendo-Report finden Sie hier.