100 Prozent der seltenen Erden, die in der EU benötigt werden, stammen aus China. Der chinesische Protektionismus könnte die europäische Wirtschaft daher hart treffen. De-Risking heißt das aktuelle Zauberwort der Wirtschaftspolitik. Doch wie widerstandsfähig sind europäische Lieferketten tatsächlich?

Der Critical Raw Materials Act (CRMA), das die EU am 18. März auf den Weg gebracht hat, hat hehre Ziele: Die Verbesserung und Diversifizierung der Versorgung der EU mit kritischen Rohstoffen, die Stärkung der Kreislauffähigkeit, einschließlich des Recyclings, sowie die Unterstützung von Forschung und Innovation in den Bereichen Ressourceneffizienz und Entwicklung von Ersatzstoffen. Kurz: Das Gesetz soll die Autonomie Europas stärken.

Abhängigkeit von China

Das ist in den Augen vieler Experten dringend nötig. Ein Blick auf die Produktion von seltenen Erden zeigt: China fördert derzeit 60 Prozent dieser Rohstoffe. Der Marktanteil bei der Aufbereitung liegt sogar bei 87 Prozent, bei der Weiterverarbeitung zu Magnetprodukten bei 94 Prozent. In der EU ist man momentan komplett abhängig von der Volksrepublik: 100 Prozent des Bedarfs an seltenen Erden kommen aus China.

Diese Rohstoffe werden etwa in der Luft- und Raumfahrt, in der Verteidigung oder im Bereich der erneuerbaren Energien gebraucht. Die europäische Energiewende wird ohne sie wohl kaum gelingen.

Da ist der zunehmende Protektionismus der chinesischen Regierung ein echter Grund zur Sorge. So hat China im August 2023 etwa Exportkontrollen für Gallium und Germanium eingeführt – wichtige Rohstoffe für die Chipproduktion oder Radargeräte. Kurz vor Jahresende folgte der nächste Schritt: Die chinesische Regierung verhängte ein Exportverbot für Maschinen und Technologien zur Verarbeitung seltener Erden.

Ziele des Critical Raw Materials Act

Der Critical Raw Materials Act (CRMA) soll daher die hohe Abhängigkeit von kritischen Rohstoffen reduzieren. Die Ziele: Bis 2030 sollen mindestens 10 Prozent des jährlichen Verbrauchs der EU hier gewonnen werden, 40 Prozent sollen in der EU verarbeitet werden und mindestens 25 Prozent aus dem Recycling innerhalb der EU stammen.

Ob das gelingen kann, hat die Unternehmensberatung P3 in einem Whitepaper hinsichtlich der für Batterien nötigen Rohstoffe untersucht, auf das sich ein Artikel der Medien-Plattform „electrive“ bezieht. Demnach könnten die Zielproduktionskapazitäten bei den aktiven Kathoden- und Anodenmaterialien erreicht werden. Kritisch seien aber nicht Verarbeitung und Produktion der Materialien, sondern die Gewinnung der Rohstoffe. Die Quoten hier könnten etwa für Lithium erreicht werden, seien für Nickel aber „aufgrund begrenzter lokaler Abbau- und Verarbeitungsaktivitäten“ schwer erreichbar. Zudem bemängelt P3 das Fehlen konkreter Details.

Auch die WirtschaftsWoche zeigt sich kritisch. In einem Artikel zitiert sie Maximilian Butek, Vorstandsmitglied der Deutschen Handelskammer in Schanghai (AHK Schanghai): Er sieht eine langfristige Lösung nicht in einer heimischen Gewinnung und Verarbeitung kritischer Rohstoffe, sondern in der Entwicklung alternativer Verfahren, die ohne diese Rohstoffe auskommen. Um deutsche Unternehmen zu ermutigen, entsprechende Technologien innerhalb der EU zu entwickeln, müsste vor allem die Attraktivität des Standorts Europa gestärkt werden.