Die indische Wirtschaft hat sich gerade vom schweren Schock der Pandemie erholt, da sieht sie sich nun mit der globalen Inflationswelle konfrontiert. Was das für das Wachstum des Landes bedeutet, fasst Credendo in einer Analyse zusammen.

Im September ist die Inflationsrate auf 7,4 Prozent gestiegen. Getrieben wird sie vor allem von hohen Nahrungsmittel- und Energiepreisen, wobei sich letzteres durch die hohe Abhängigkeit von Kraftstoffimporten besonders stark auswirkt. Diese haben 2020 nahezu 30 Prozent der Gesamteinfuhren ausgemacht und zu einer erheblichen Steigerung des Leistungsbilanzdefizits geführt.

2020 erzielte das Land hier noch einen außerordentlichen Überschuss. Doch schon 2021 verwandelte es sich in ein Defizit, das 2022 wohl auf ein Zehnjahreshoch von -3,1 Prozent des BIP anwachsen wird. Auch die Rupie ist aktuell auf einem historischen Tiefpunkt – und könnte gegenüber dem US-Dollar noch weiter an Wert verlieren.

Die Entwicklungen führen zu einer Verlangsamung der wirtschaftlichen Erholung. Credendo rechnet damit, dass das Wachstum von 8,7 Prozent im Wirtschaftsjahr 2021 schrittweise auf 7,4 Prozent im in 2022 und auf 6,1 Prozent in 2023 zurückgehen wird.

Der stabile Ausblick der Länderrisikobewertungen steht unter Druck. „Im heutigen wirtschaftlichen Kontext erscheint es außerdem unwahrscheinlich, dass sich die schwache öffentliche Finanzlage Indiens bald verbessert“, heißt es im Credendo-Bericht. Das Finanzierungsdefizit Indiens werde wohl einige Jahre lang bei rund 10 Prozent des BIP liegen, die hohe Staatsverschuldung werde bei 86 Prozent des BIP verharren. Das könnte dazu führen, dass das Land bei Ratingagenturen seinen „Investment Grade“-Status verliert.

Relativ stabil sind die Länderrisikobewertungen von Credendo hinsichtlich des kurzfristigen politischen Risikos (2/7) sowie des Geschäftsumfeldrisikos (mit E/G relativ hoch). Risiken für das Geschäftsumfeld bilden vor allem die Inflation, die indische Rupie und die Lieferkettenengpässe. Hinsichtlich des mittel- bis langfristigen politischen Risikos (3/7) sind die größten Abwärtsrisiken hingegen die schwache öffentliche Finanzlage, kostspielige Kraftstoffimporte, die das Leistungsbilanzdefizit verschärfen, sowie Spannungen zwischen den Bevölkerungsgruppen.

GFL-Geschäftsführer Marcus Sarafin rät dazu, diese Risiken gut im Auge zu behalten: „Indien könnte in Zukunft eine noch größere Bedeutung für Deutschland erhalten, falls sich die deutsche Industrie schrittweise von China löst – mit allen teilweise ähnlichen Problemen wie das Thema Menschenrechte etc.“