33 Prozent mehr Insolvenzen: Damit rechnet der Kreditversicherer Atradius trotz der wachsenden Weltwirtschaft. Davon werden wohl die meisten Märkte betroffen sein. GFL-Geschäftsführer Marcus Sarafin gibt Tipps, wie Unternehmen darauf aktuell reagieren sollten.

Bisher ist die Pleitewelle – auch in Deutschland – ausgeblieben. Auch 2021 wird die überwiegende Zahl der Unternehmen wohl ein gutes Ergebnis erzielen. Doch dieses Bild wird sich wohl ab nächstem Jahr ändern. Atradius erwartet, dass mit dem Ende der staatlichen Stützen die Zahl der Insolvenzen wieder auf ein normales Niveau steigen wird.

Von dieser Entwicklung sollten sich Unternehmer nicht überrollen lassen, sondern sich bereits jetzt darauf vorbereiten, rät Marcus Sarafin. Der GFL-Experte gibt Unternehmern drei wichtige Tipps:

  1. Proaktive Finanzkommunikation

Sollten sich als die Lieferketten in 2022 normalisieren, sinken die Ergebnisse und die Unternehmen kommen margentechnisch zurück zur Normalität. Kleine Margen und Verluste führen jedoch zu Schwierigkeiten bei der Kreditvergabe – sowohl bei Banken als auch bei Kreditversicherern. Deshalb ist es wichtig, schon im Vorfeld eine gute Finanzkommunikation zu betreiben. Ein persönlicher, vertrauensvoller Kontakt kann im Ernstfall sehr helfen.

2.  Sinnvolle Lagerbestände & Forderungsabsicherungen

Nach aktuellen Umfragen versuchen mehr als 55 Prozent der Firmen ihren Lagerbestand aktuell auszubauen. So nachvollziehbar diese Politik ist, das kann aber auch ausgesprochen gefährlich werden! Und zwar dann, wenn Unternehmen ihre Lager zu den aktuell hohen Preisen füllen. Sollte es dann sehr schnell – und davon gehe ich aus – zu Preissenkungen kommen, sobald sich Angebot und Nachfrage annähern, ist in den Lagern viel Kapital gebunden, das die Lagerbestände aber nicht mehr wert ist. Das führt zu Abschreibungen. Das Bilanzbild wird dadurch massiv verändert, sodass es zu Insolvenzen kommen kann.

Auch für die Lieferanten kann das zum Risiko werden. Das Gefährliche: Für sie ist dieses Risiko nicht direkt sichtbar, denn a) kennen sie den Lagerbestand ihrer Kunden nicht genau und b) können sie nur erahnen, wie ihre Kunden das Lager bilanziell bewerten. Die Erfahrung zeigt, dass in diesen Fällen Pleiten aus dem Nichts folgen! Daher kann heute eine Absicherung viel Sinn machen, um sich auf solche völlig überraschende Insolvenzen vorzubereiten.

  1. Nach alternativen Finanzierungen suchen

Die Inflation steigt und die Liquiditätsschwemme in den USA und Europa könnte bald zu Ende gehen. Das führt dazu, dass sich die Banken in den einzelnen Ländern teurer refinanzieren müssten, was höhere Kosten für die Unternehmen bedeutet. Nur: Können sie sich das leisten? Für Firmen, die aus der Vergangenheit diverse Probleme mit sich schleppen, im Rahmen der Transformation hohe Investitionen zu tätigen haben oder geliehene Kredite (z.B. KfW) zurückzahlen müssen, kann das schwierig werden. Hier raten wir dazu, sich frühzeitig auf diese Veränderungen einzustellen und schon jetzt ein alternatives Finanzierungskonzept zu erstellen. Evtl. hilft dabei auch der Blick eines Außenstehenden, der sich kritisch mit dem Unternehmen auseinandersetzt, und Vergleiche zu Region, Branche etc. bieten kann.