Entsetzen, Ratlosigkeit, Beschwichtigungen – die Reaktionen der Banken auf das aktuelle BGH-Urteil könnten unterschiedlicher kaum ausfallen. Während die einen ihre Existenz bedroht sehen, verfahren andere nach dem „Abwarten und aussitzen“-Prinzip. Professionell ist das nicht.

Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem April ist eigentlich ein Paukenschlag für die Bankenwelt: Gebührenerhöhungen der Banken, denen die Kunden nicht ausdrücklich zugestimmt haben, sind demnach unzulässig. Kunden können nun nicht nur Gebühren aus früheren Jahren wieder zurückfordern, auch zukünftige Erhöhungen dürften für die Banken deutlich schwieriger werden.

Wie das Handelsblatt schreibt, hatte die Finanzaufsicht Bafin prognostiziert, dass die möglichen Rückzahlungen nach dem Urteil im schlimmsten Fall den halben Jahresgewinn deutscher Banken vereinnahmen könnten. Der Medienbericht verweist auf die Deutsche Bank, die aufgrund des Urteils bereits im 2. Quartal ein Minus von 222 Millionen Euro verbucht hatte. Auch die Commerzbank kündigt für das selbe Quartal eine Rückstellung im mittleren zweistelligen Millionen-Euro-Bereich an.

Der Sparkassenverband Bayern befürchtet auch für den öffentlich-rechtlichen Bankensektor erhebliche Belastungen. Er fordert die genossenschaftlichen Banken auf, Fusionen zu erwägen und auch mehr auf zentrale Dienstleister zurückzugreifen. Perspektivisch sei es im Verbund sicherlich sinnvoll, immer nur einen Anbieter für ein Produkt oder eine Dienstleistung anzustreben, sagte Verbandspräsident Ulrich Reuter gegenüber dem Handelsblatt.

Auch GFL-Geschäftsführer Marcus Sarafin sieht daran keinen Weg vorbei: „Das Beispiel zeigt, dass es die Hausbank, so wie sie heute den Kunden betreut, in spätestens zehn Jahren nicht mehr geben wird.“ Nicht nur das Gebührenurteil oder das zu möglichen Nachzahlungen auf Prämiensparverträge treffe die Banken, sondern auch Strukturänderungen, die Digitalisierung und neue Geschäftsmodelle. „Am Ende wird es jede Bank mehr oder weniger treffen“, prognostiziert Sarafin. Die Konsequenz seien Fusionen, Betriebsschließungen oder Prozessänderungen: „Es ist 5 vor 12 sich mit den Veränderungen auseinanderzusetzen und neue Strategien anstoßen.“

Das scheint jedoch nicht jede Bank so zu sehen. Die Sparkassen in Baden-Württemberg sehen aktuell keinen Handlungsbedarf. Sie warten nach dem BGH-Urteil auf eine Klärung durch die Behörden, Gerichte oder den Gesetzgeber. Einige der 50 baden-württembergischen Häuser würden Gebühren zurückerstatten, wenn sich die Kunden meldeten, andere würden momentan noch abwarten. Auch andere Kreditinstitute pochen auf eine gesetzliche Regelung bevor sie reagieren – was bedeuten könnte, dass Bankkunden noch eine Weile auf ihr Geld warten müssen. Die Bafin fordert derweil, dass sich die Geldhäuser bis September um eine Lösung bemühen sollen.

Auch Sarafin zeigt sich fassungslos gegenüber dem Vorgehen einiger Banken: „Abwarten, bloß nichts freiwillig zurückzahlen und wenn, dann nur durch Aufforderung der Kunden – das ist doch kein Geschäftsgebaren!“