Der Versicherer Ducroire/ Delcredere hat in seinem Newsletter vom 22.08.2013 die Länderstudie über Brasilien veröffentlicht. Dabei kommt der Versicherer zu dem Ergebnis, dass das kurzfristige politische Risiko als gering (Stufe 2) zu bewerten ist, während das Geschäftsrisiko als hoch eingeschätzt wird.

Brasilien hat sowohl politisch als auch wirtschaftlich im Jahr 2011 eine Wende, allerdings zum Negativen, erlebt. Bis zum Jahr 2011 war das Land beliebt bei Investoren, da es als politisch stabil galt. Zudem konnten die Ungleichheit und die Armut verringert werden. Seit 2011 jedoch schwächelt die brasilianische Wirtschaft, was unter anderem an den geringen Rohstoffpreisen und dem nachlassenden Anlegervertrauen liegt. Nun sind in Brasilien sowohl das schwierige Geschäftsfeld, die Engpässe in der Infrastruktur sowie die Angebotsbeschränkungen als problematisch anzusehen. Staatspräsidentin Dilma Rousseff (seit 2011 im Amt) bleibt wenig Zeit bis zur Neuwahl im Jahr 2014 diese Probleme zu lösen. Die Probleme zeigen die Grenze des konsumorientierten Wachstumsmodells auf. Dazu kommt noch, dass die, in der Vergangenheit gewachsene Mittelschicht, seit Juni 2013 gegen diese, und andere Missstände, protestiert. Diese einst friedlichen Aufstände wurden vom Militär gewaltsam unterdrückt, wodurch nur noch mehr Demonstrationen und Unruhen stattfanden. Obwohl es sich bei den Demonstrationen um keine parteigebundenen Aufstände handelte, sank das Ansehen der regierenden, links ausgerichteten Arbeiterpartei, von ehemals 65% auf 30%.   Der Versicherer geht davon aus, dass eine grundlegende positive Wende in der nächsten Zeit unwahrscheinlich ist. Zudem bleibt das Wachstum unbefriedigend. Allerdings stellt Delcredere auch dar, dass Brasilien eigentlich gute Voraussetzungen für eine Wende hat, denn der Bankensektor ist gesund, es sind ausreichend Wachstumsreserven vorhanden und die politischen Rahmenbedingungen sind weiterhin stabil.

 Im Gleichklang mit der Politik hat auch die brasilianische Wirtschaft mit Problemen zu kämpfen. Bis zum Jahr 2011 stellten sich vor allem der chinesische Rohstoffboom, der zu Preisanstiegen führte, und der ausreichende Zugang zu externen Finanzierungen als positive ausländische Faktoren dar. Der gute Zugang zu externen Finanzierungen beruhte vor allem auf dem Vertrauen internationaler Investoren, dem flexiblen Wechselkurs, der Inflationssteuerung sowie gut verwalteten Staatsfinanzen. Der Hauptantrieb des Wirtschaftswachstums stellte der private Konsum dar, sodass der weltweite Abschwung ein wenig an Brasilien vorbei ging. Seit 2011 jedoch wurde das Wirtschaftswachstum durch die Eurokrise, den Gipfel des Rohstoffbooms und die Verlangsamung des Anstiegs des Inlandsverbrauchs negativ beeinflusst. Die politische Antwort der regierenden Präsidentin Rousseff war eine erleichterte Kreditvergabe an Private, Steuererleichterungen, eine Anhebung der Steuer für Importe und eine Steuersenkung der Zentralbank von 12,5% auf 7,25%. Allerdings führten diese Maßnahmen nicht zu dem gewünschten Ergebnis, denn das Wachstum nahm nicht zu. Das reale BIP sank von 2,7% (2011) auf 0,9% (2012), wobei für 2013 mit 2,5% gerechnet wird. Weiterhin problematisch ist, dass die ausländischen Rahmenbedingungen durch die schlechte Nachfrage aus den USA, China und Europa weiterhin schlecht sind. Ebenso geht die Wachstumsrate des Konsums zurück. Diese nahm im letzten Jahr nur um 1,3% gegenüber dem Vorjahreszeitraum zu. Als Grund hierfür nennt der Versicherer, dass weniger Menschen in die Mittelklasse aufsteigen können, die Vorsicht der Verbraucher zunimmt und die Inflation weiter wächst. Diese hat im Mai die Grenze von 6,5% überschritten. Zudem setzt sich die Abwertung des Reals weiter fort und die Bedingungen am Arbeitsmarkt verschlechtern sich weiter.

Ducroire/ Delcredere zeigt auf, dass in Brasilien strukturverändernde Maßnahmen notwendig sind, um die Probleme zu lösen. Ein neues Wachstumsmodell ist nötig. Vor allem muss der Staat Investitionen tätigen und die Produktivität steigern. Als Hauptproblem sieht der Versicherer jedoch an, dass sich die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen verschlechtert hat. Dazu kommen noch die schlechte Infrastruktur, hohe Steuern und der nun unzureichende Zugang zu Krediten. Positiv ist, dass der Bankensektor gesund und die Währungsreserven ausreichend vorhanden sind.

Alles in allem wird es nun die zentrale Aufgabe der kommenden Regierung sein, diese Probleme zu lösen, um so eine erneute Wende, dieses Mal allerdings zum Positiven, zu erreichen.

Lesen Sie hier die gesamte Länderstudie: http://mm1.nl/768/Actions/Newsletter.aspx?messageid=430&customerid=15504&password=enc_3543453932373043_enc#overviewv