Seit Anfang des Jahres gilt in Deutschland das Lieferkettensorgfaltsgesetz. Jetzt hat auch die EU einem schärferen Lieferkettengesetz zugestimmt. Demnach sollen die Regeln entlang der globalen Lieferketten auch für kleinere Unternehmen gelten. Für diese könnten die daraus entstehenden Sorgfalts- und Berichtspflichten zur Herausforderung werden.

Ein Gesetz, das den Schutz der Umwelt und der Menschenrechte entlang globaler Lieferketten in den Fokus nimmt, ist sicherlich per se lobenswert. Was die Ausgestaltung angeht, gehen die Meinungen in der Unternehmenslandschaft jedoch stark auseinander, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet. So würden die meisten Unternehmer das Anliegen zwar für richtig halten, dennoch befürchten sie höhere Kosten, Wettbewerbsnachteile und eine zu hohe Bürokratie. So verschaffe man der internationalen Konkurrenz einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der EU.

Zudem würden mehrere Unternehmer am Sinn des Gesetzes zweifeln. So zitiert die FAZ den Autozulieferer Harald Marquart, der die Regeln für realitätsfremd hält. Als Beispiel berichtet er von einem Showroom bei einem indischen Autozulieferer, bei dem die Arbeitsbedingungen auf den ersten Blick hervorragend gewesen seien. Als er wenig später daran vorbeigelaufen sei, sei der Raum wieder geschlossen gewesen, die Arbeiter an ihren wahren Arbeitsplatz zurückgekehrt „in nicht klimatisierten Räumen im Dreck“. In den Berichten für das Lieferkettengesetz würde in diesem Fall nur der Showroom auftauchen, statt der wirklichen Bedingungen.

Ein weiterer Mittelständler beklagt, dass KMU gar nicht die Möglichkeit hätten, ihre kompletten Lieferketten zu prüfen. Eine Hilfe dafür möchte der Kreditversicherer Allianz Trade bieten: Hier wird gerade an einem Service für Unternehmen gearbeitet, ihre Hochrisiko-Zulieferer zu identifizieren. Das Angebot befindet sich momentan noch in der Testphase.

An der Wirksamkeit des Gesetzes zweifelt derweil auch eine neue Analyse der Organisation „Save the children“. Sie hat in 18 von 20 Lieferketten Hinweise auf Kinderarbeit gefunden. Die Macher der Studie kritisieren vor allem, dass nicht an der Wurzel des Problems gearbeitet wird: Wird Kinderarbeit entdeckt, werden die Kinder vor die Tür gesetzt. Für arme Familien gebe es aber keine Alternative. Die Ausbeutung würde sich daher nur in unsichtbarere Teile der Lieferkette verlagern.