Griechenlands wirtschaftlicher Aufschwung
Noch vor einem Jahrzehnt war Griechenland das Synonym für Krise: Staatspleite, Sparprogramme und Massenproteste dominierten die Schlagzeilen. Heute hingegen präsentiert sich das Land in einem ganz anderen Licht. Wachstum, steigende Investitionen und solide Staatsfinanzen prägen die aktuelle Entwicklung.
Tourismus als Wachstumsmotor
Mit rund 2,3 Prozent BIP-Wachstum im vergangenen Jahr und einem überraschenden Haushaltsüberschuss zeigt Griechenland, dass sich konsequente Reformen und gezielte Investitionen auszahlen können. Wichtigster Wirtschaftszweig ist dabei der Tourismus – rund 30 Prozent der Wirtschaftsleistung hängen von ihm ab.
Die starke Nachfrage beschert Griechenland zwar enorme Einnahmen und macht den Standort auch für Investoren attraktiv. Doch die Abhängigkeit von der Branche birgt Risiken: Schon kleine Einbrüche im Reisegeschäft können sich direkt auf die gesamte Volkswirtschaft auswirken
Investitionen und neue Wachstumsmärkte
Neben dem Tourismus setzt Griechenland daher verstärkt auf Zukunftsbranchen. Infrastrukturprojekte, die Digitalisierung, die Energiewirtschaft und der Gesundheitssektor gewinnen an Bedeutung. Besonders deutsche Unternehmen sind präsent: Sie tragen rund fünf Prozent zum griechischen BIP bei. Deutschland ist mit etwa 20 Prozent der größte ausländische Investor, dicht gefolgt von Italien.
Einer der größten Erfolge der vergangenen Jahre: Griechenland hat seine Staatsfinanzen stabilisiert. Während 2015 noch Hilfspakete in Höhe von 86 Milliarden Euro nötig waren, erwirtschaftet das Land heute Haushaltsüberschüsse.
Allein in den ersten sieben Monaten dieses Jahres lag der Überschuss bei 2,19 Milliarden Euro – statt eines geplanten Defizits. In der Primärbilanz, die den Schuldendienst ausklammert, verzeichnete Athen sogar ein Plus von knapp acht Milliarden Euro. Ein beeindruckender Wandel, der viele Finanzminister Europas inzwischen neidisch auf Griechenland blicken lässt.
Herausforderungen am Arbeitsmarkt
Trotz der positiven Zahlen bleibt der Arbeitsmarkt eine Baustelle. Besonders im Tourismus fehlen rund 80.000 Arbeitskräfte. Um gegenzusteuern, plant die griechische Regierung eine weitreichende Arbeitsmarktreform: die Einführung eines flexiblen 13-Stunden-Tags. Bereits vergangenes Jahr hat sie eine Sechs-Tage-Woche ermöglicht.
Das Modell soll freiwillig sein und maximal 37 Mal pro Jahr angewendet werden dürfen. Ziel ist es, Arbeitnehmern höhere Einkommen zu ermöglichen und gleichzeitig den Personalmangel in Schlüsselbranchen abzufedern. Kritiker sehen darin jedoch eine Gefahr für die Work-Life-Balance und Arbeitnehmerrechte.
Griechenland auf Erfolgskurs – mit offenen Fragen
Griechenlands Weg aus der Krise zeigt, wie konsequente Haushaltsdisziplin, Investitionen in Infrastruktur und die Stärke des Tourismus ein Land transformieren können. Aus dem „Fass ohne Boden“ ist eine dynamisch wachsende Volkswirtschaft geworden.
Doch die Herausforderungen bleiben: die Abhängigkeit vom Tourismus, die starke Präsenz ausländischer Investoren in Schlüsselindustrien und ein angespanntes Arbeitsumfeld. Wie nachhaltig der Aufschwung ist, wird sich daran entscheiden, ob Griechenland die Balance zwischen Wachstum, sozialer Stabilität und wirtschaftlicher Unabhängigkeit halten kann.