Die Insolvenzen der Automobilzulieferer nehmen zu. Jüngst hat es den schwäbischen Autositz-Produzenten Recaro, den Glasbearbeiter Flabeg Automotive sowie den hessischen Magnesium-Fertiger Castwerk Technologies getroffen. Ein Überblick über eine strauchelnde Branche.

Turm mit Autos

Den Automobilzulieferern geht die Luft aus: Allein im ersten Halbjahr 2024 haben 20 Unternehmen aus der Branche mit mehr als zehn Millionen Euro Umsatz einen Insolvenzantrag gestellt. Das sind fast doppelt so viele wie im Vorjahreszeitraum. Laut einer Analyse der Unternehmensberatung Falkensteg sind mehr als 10.000 Arbeitsplätze von den Insolvenzen betroffen.

„Ich denke, dass wir hier erst den Start einer Pleitewelle in der Automobilindustrie sehen“, zeigt sich GFL-Geschäftsführer Marcus Sarafin wenig optimistisch. „Wenn man sich die Zahlen der verkauften PKW ansieht, geben diese keinen Grund zur Hoffnung. Zudem ist momentan unklar, was der Kunde eigentlich will: Diesel? Benziner? Elektro?“

Dass das Insolvenzgeschehen nicht abbricht, zeigen die beiden jüngsten Insolvenzen: Recaro und Flabeg Automotive.

Recaro: Jahrelange Schieflage nun gekippt

Noch gibt es Hoffnung für den Autositzhersteller Recaro Automotive. Der traditionsreiche Zulieferer hat Ende Juli die Insolvenz in Eigenverwaltung angemeldet. Der Sachverwalter, der Stuttgarter Rechtsanwalt Holger Blümle, sieht gute

Autositz von Recaro

Chancen für das Unternehmen aus Kirchheim unter Teck. Mitarbeitern gegenüber habe er gesagt, Recaro Automotive solle gestärkt aus der Krise hervorgehen.

Beim schwäbischen Traditionsunternehmen hatte es allerdings schon lange gekriselt. Durch Verzicht und Verschiebung von Gehältern hätten die Mitarbeiter seit Jahren dazu beigetragen, das Unternehmen wirtschaftlich stabil zu halten, berichtet das Handelsblatt.

Marcus Sarafin sieht den Fall exemplarisch für die aktuelle Lage vieler deutscher Unternehmen. „Es zeigt, dass Unternehmen, die seit Jahren in Schieflage sind, gerade jetzt durch die angespannten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stark gefährdet sind, in die Pleite zu geraten.“

So sei laut Handelsblatt der Umsatz von Recaro Automotive seit der Corona-Pandemie von 150 Millionen Dollar auf rund 30 Millionen Euro zurückgegangen. Das Unternehmen gehört zur Stuttgarter Recaro Holding. Die rund 523 Millionen Euro umsatzstarke Firmengruppe hat sich auf Flugzeug-  und Gamingsitze spezialisiert und ist von der Insolvenz nicht betroffen.

Flabeg Automotive: Gehälter bis September gesichert

Ebenfalls Ende Juli hat die Flabeg Automotive Germany GmbH, ein Spezialist für Glasbearbeitung und -veredelung, vor allem für Displaygläser im Fahrzeuginnenraum, einen Insolvenzantrag gestellt. Der vorläufige Insolvenzverwalter gibt an, dass der Geschäftsbetrieb in Furth im Wald in vollem Umfang weiterlaufe. Die der Gehälter der fast 190 Mitarbeitenden seien bis mindestens Ende September gesichert.

Er sehe gute Chancen für eine Sanierung, schreibt der Verwalter Volker Böhm von der Kanzlei Schultze & Braun in einer Pressemitteilung. Ziel sei der Erhalt des Unternehmens und möglichst vieler Arbeitsplätze.

Verursacht wurde die Schieflage des Unternehmens demnach durch die allgemeine Lage der Automobilbranche. Zu wenig Bestellungen trafen auf steigende Kosten für die Vorfinanzierung von Projekten und Aufträgen sowie für die Akquise von Neukunden und -aufträgen.

Castwerk Technologies: Rettung missglückt

Dass eine Rettung des Unternehmens im schwierigen wirtschaftlichen Umfeld der Automotive kein Selbstläufer ist, zeigt der Fall Castwerk Technologies. Das im Automobil- und E-Bike-Bereich tätige Unternehmen hatte im März Insolvenz angemeldet.

Jetzt hat der Insolvenzverwalter das endgültige Aus der Firma bekannt gegeben. Alle 140 Mitarbeitenden werden in den nächsten Monaten ihren Job verlieren.

Auswirkungen auf gesamte Wirtschaft

Als tragende Säule der deutschen Wirtschaft könnte eine Krise der Automobilbranche weite Kreise ziehen. „Das Risiko steigt, selbst mit Insolvenzen konfrontiert zu werden“, warnt Sarafin. „Die Zahlungsausfälle nehmen zu – und können weitere Unternehmen in Schieflage bringen.“

Viele Unternehmen sind sich dem bewusst. Die GFL-Experten beobachten seit einiger Zeit, dass die Nachfrage nach Absicherungen steigt. Sowohl die Warenkreditversicherung, die der Absicherung des Zahlungsausfalls dient als auch die Anfechtungsversicherung, die Forderungen des Insolvenzverwalters abdeckt, wenn der Kunde mal in der Insolvenz ist, sind dabei wichtige Bausteine.

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