
Produktivität in Deutschland schwächelt
Die Produktivität in Deutschland steigt kaum noch: Zuletzt hat sie pro Jahr um weniger als ein Prozent zugenommen. Die Bundesbank führt das in einem Exkurs zu ihrem Monatsbericht März auch auf die sinkende Zahl der Unternehmensgründungen und -schließungen zurück.
So sei in den letzten zwei Jahrzehnten die Zahl der Unternehmensschließungen in Deutschland stark gesunken. Unternehmensinsolvenzen haben zwischen 2004 und 2023 um 55 Prozent abgenommen, die Betriebsaufgaben sind um 30 gesunken.
Daran hat auch die Pandemiezeit trotz des Wirtschaftseinbruchs nichts geändert. Das Aussetzen der Insolvenzantragspflicht und die staatlichen Stützungsprogramme haben viele Unternehmen am Leben gehalten.
Das sei nicht nur positiv, bemängeln Kritiker. So fordert der Focus in einem aktuellen Artikel, „unrentable Zombie-Geschäftsmodelle“ nicht künstlich am Leben zu lassen: Weniger Rettungspakete für angeschlagene Unternehmen wie Galeria Karstadt Kaufhof und höhere Zinsen könnten unproduktive Geschäftsmodelle aussortieren. Insbesondere in Zeiten von Arbeitskräftemangel könne es sich der Staat leisten, schwache Unternehmen Pleite gehen zu lassen. Die Mitarbeiter könnten in neuen Arbeitsstellen unterkommen.
Die mangelnde Dynamik, die die Bundesbank in ihrem Bericht feststellt, umfasst aber nicht nur die Unternehmensschließungen – auch bei den Gründungen sei noch Luft nach oben. Zwischen 2004 und 2014 sei die Zahl der jährlichen Gewerbeanmeldungen von Betriebshauptniederlassungen um 30 Prozent auf rund 86 000 gefallen. Seit etwa zehn Jahren halte sie sich recht stabil auf einem relativ geringen Niveau.
Zwar sind die Gründungen im Zuge der gesamtwirtschaftlichen Erholung 2021 kräftig angestiegen, dieser Anstieg habe sich jedoch nicht als nachhaltig erwiesen. Zuletzt entsprach die Zahl an Gründungen mit circa 87 000 im Jahr 2023 ungefähr dem Durchschnitt der Jahre seit 2014.
Als Grund für die geringe Gründungsrate sehen einige Experten die überbordende Bürokratie. Eine Studie aus dem Jahr 2022 zeigt, dass 57 Prozent der Neugründer den administrativen und zeitlichen Aufwand bei Ämtern und Behörden als zu groß erleben. Bei Firmen mit digitalem Schwerpunkt stimmen 67 Prozent dem zu. Die Behördengänge seien zeitaufwändiger als jeder andere Schritt auf dem Weg in die Selbstständigkeit.
Das lässt sich auch in Zahlen fassen: So beziffert der Normenkontrollrat in seinem jüngsten Bericht die Bürokratielasten mit insgesamt 23,7 Milliarden Euro im Jahr. Ob das „Vierte Bürokratieentlastungsgesetz“ wesentlich Abhilfe schaffen wird, bleibt abzuwarten. Laut Regierung soll das aktuelle Paket den Aufwand für Wirtschaft, Behörden und Bürger um knapp eine Milliarde Euro mindern.