Der Bau immenser Autofabriken des chinesischem E-Auto-Herstellers BYD zeigt, wo die Reise hingeht: China könnte Europa in Sachen E-Mobilität bald komplett abhängen. Auch Allianz Trade sieht den Boom chinesischer E-Autos als größte Bedrohung für die europäische Automobilindustrie. In den nächsten Jahren könnte die Konkurrenz den europäischen Markt jährlich sieben Milliarden Euro Gewinn kosten.

Die Elektromobilität ist ein „game changer“ für die europäische Automobilindustrie. Laut eines aktuellen Berichts von Allianz Trade haben Autos mit alternativen Antrieben – Elektro, Hybrid, Plug-in-Hybrid – im vergangenen Jahr 47 Prozent aller Neuzulassungen in Europa ausgemacht. Reine E-Autos kamen dabei auf rund 12 Prozent.

Doch für den Europäischen Automobilsektor ist das nur bedingt eine gute Nachricht: Was die Elektromobilität angeht, lässt China den europäischen Markt nämlich weit hinter sich. 2022 haben die Chinesen mehr als doppelt so viele E-Autos verkauft, wie Europa und die USA zusammen. Der Wettbewerb erstreckt sich dabei über fast die gesamte Wertschöpfungskette.

In China selbst stammen 80 Prozent der Wagen mit Elektroantrieb aus dem eigenen Land. Der Anteil ausländischer Hersteller wird von Tesla dominiert – europäische Wagen sind kaum darunter. Wie kürzlich veröffentlichte Luftbilder der neuen Anlagen von BYD (Build Your Dreams) zeigen, ist damit noch lange nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Bereits 2022 war BYD schon der zweitgrößte Elektrobauer der Welt – mit einem deutlich schnelleren Wachstum als Tesla.

Zahlen der Wirtschaftswoche zufolge verkauft der Konzern in China rund fünfzehn Mal so viele E-Autos wie Volkswagen. Nun baut er an mehreren Standorten parallel riesige Autowerke auf. In diesem könnten schon dieses Jahr mehr Autos produziert werden, als in den BMW- oder Mercedes-Werken. Wie chinesische Medien berichten, hat allein das neue Werk in Hefei eine Kapazität von 1,32 Millionen Autos pro Jahr. Im VW-Werk in Wolfsburg, dem größten des Herstellers, werden gerade einmal 800.000 Autos jährlich produziert.

BYD will sich mit den neuen Standorten zum weltgrößten Autobauer mausern – und auch den europäischen Markt erobern. Schon jetzt sind in Europa drei der am meisten verkauften E-Autos chinesische Importe. Allianz Trade hat errechnet, dass Europäische Automobilhersteller bis 2030 jährlich mehr als 7 Milliarden Euro an Gewinn verlieren könnten. Erhöht China seinen Marktanteil in Europa auf 1,5 Millionen Autos bzw. 13,5 Prozent, würde das die europäischen Autobauer 24,2 Milliarden Euro kosten. Das sind 0,15 Prozent des gesamten europäischen BIP von 2022.

„Die Schlüsselindustrien der deutschen Wirtschaft laufen Gefahr ihre Positionen zu verlieren“, warnt GFL-Geschäftsführer Marcus Sarafin. „Das beschränkt sich nicht auf die Automobilindustrie, sondern ist auch bei anderen Kompetenzen wie Solarmodulen, Medizinprodukten, Stahl der Fall – mit erheblichen Auswirkungen auf den gesamten Wirtschaftsstandort.“