In der EU werden die Erneuerbaren Energien nicht schnell genug ausgebaut, um den Bedarf an Elektrizität zu decken. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von Euler Hermes. So sieht der Kreditversicherer beim „Fit für 55“-Ziel eine Lücke von fünf Jahren.

Der Bedarf an Elektrizität wird in den kommenden Jahren rapide steigen: Allein im Transportsektor und der Industrie wird die Elektrifizierung bis 2030 wohl von 30 auf 60 Prozent ansteigen. Wenn die bereits etablierten Technologien Anwendung finden, könnte die Elektrifizierungsrate bis 2050 auf 76 Prozent ansteigen. Die Folge: Der Ausbau von Wind- und Solarkraft muss sich verdreifachen.

Doch genau da sieht Euler Hermes das Problem: Der Ausbau geht nicht schnell genug voran, um den Bedarf zu decken. Obwohl der Anteil der Erneuerbaren 2020 die fossilen Träger überholt hat – in der EU machten sie 38 Prozent der Elektrizität aus –, sind Wasser- und Bioenergie ins Stocken geraten und die Kernkraft hat stark abgenommen. Wenn also die „Fit für 55“-Pläne der EU erreicht werden sollen – die einen Anteil der Erneuerbaren von mindestens 60 Prozent in 2030 und 85 Prozent in 2050 vorsehen –, dann müssen Solar- und Windkraft stark zulegen. Allein um den Kohleausstieg zu kompensieren, sind 100 zusätzliche Gigawatt an Wind- und Solarstrom nötig.

Um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen sind somit Investitionen von 40,8 Milliarden Euro jährlich für das Stromnetz nötig sowie 44,7 Milliarden für die Kraftwerke. Um den Kohleausstieg zu kompensieren sind EU-weit zudem 131 Milliarden Euro nötig. Von dieser Summe müssen 96 Milliarden an die sechs größten Kohle-Verbraucher gehen: Deutschland, Polen, Rumänien, Tschechien, Bulgarien und Slovenien.

Die Kohlendioxidabscheidung und -endlagerung (CCS) könne einigen Sektoren helfen, ihre Klimaziele früher zu erreichen, so Euler Hermes, doch die Entwicklung müsse schneller und gezielter voranschreiten. Damit das „Fit für 55“-Ziel tatsächlich mit dem 1,5 Grad-Ziel übereinstimmt, muss entweder die CCS-Technologie in den nächsten zehn Jahren im großen Stil in die Industrie und die Versorgung Einzug halten oder im Versorgungssektor muss die Kohlendioxideinsparung noch schneller als geplant voranschreiten.