In einem aktuellen Brandbrief warnen Autozulieferer vor einem Kollaps der Lieferkette in der Automobilindustrie. Doch der Mix aus Chip- und Energiekrise geht weit über die Branche hinaus. Eine multiple Branchenkrise könnte die gesamte deutsche Industrie beeinträchtigen.

Der Industrieverband Blechumformung (IBU), der Deutsche Schraubenverband (DSV), der Industrieverband Massivumformung (IMU), der Verband der Deutschen Federnindustrie (VDFI), der Wirtschaftsverband der deutschen Kautschukindustrie – sie alle schlagen Alarm. Die Lieferengpässe zwingen die Autobauer dazu, ihre Fertigungen zu stoppen. Deutlich wird das etwa beim Opel-Werk Eisenach, das den Rest des Jahres geschlossen bleiben soll.

Darunter leiden vor allem die Zulieferer, meist mittlere und kleine Unternehmen. Sie klagen über aktuelle Umsatzeinbrüche von bis zu 30 Prozent. Einige Verbände fürchten noch vor Weihnachten eine Insolvenzwelle. Teils seien die Liquiditätsengpässe aufgrund nicht abgenommener Fertigware existenzbedrohend. Die Verbände appellieren nun vor allem an die Hersteller, sich solidarisch mit den Lieferanten zu zeigen. „Es ist immer wieder erstaunlich, dass die Hersteller unfassbare Forderungen stellen, die erste Zulieferkette fast genauso, aber nun einfach ihre Partner hängen lassen“, zeigt sich auch GFL-Geschäftsführer Marcus Sarafin entrüstet.

Er fürchtet Auswirkungen weit über den Bereich Automotive hinaus: „In dieser Krise zeigen sich die nicht sichtbaren Abhängigkeiten von äußeren Einflüssen. Weder ein Schraubenproduzent, noch ein Metallteilezulieferer haben direkt was mit Elektronik und Chips zu tun.“ Doch was, wenn der Verlust von Zulieferern dazu führt, dass auch andernorts die Bänder still stehen? Auch Unternehmen, die nur indirekt mit der Branche zu tun haben, müssen sich nun fragen, ob sie irgendwie betroffen sind. Verluste können zu einer schlechten Bewertung bei Banken und Kreditversicherern führen, darunter leidet die Liquidität und das Risiko von  Zahlungsausfällen steigt. „Ein kleines Rädchen kommt ins Wanken, mit dem ich als Unternehmer eigentlich nichts zu tun habe“, beschreibt Sarafin die aktuelle Situation vieler seiner Kunden. „Und doch muss ich mir über mögliche Auswirkungen Gedanken machen. Fazit: Die Unsicherheit steigt.“