Sind Kreditversicherungen bei jedem Anbieter gleich? Das war einmal so. Doch in den letzten Jahrzenten haben sich die Kreditversicherer sehr stark in ihren Policenformen, ihren Begrifflichkeiten und auch Vertragsinhalten voneinander entfernt. Vor allem bei Schadensabrechnungen agiert jeder anders. Das kann gravierende Auswirkungen für die versicherten Unternehmen haben.

In den 90er Jahren gab es noch kaum Unterschiede zwischen den Versicherern. Sogar die Vertragsnamen „Warenkreditversicherung“ und „Ausfuhrkreditversicherung“ waren quasi identisch. Das hat sich komplett geändert. Heute laufen Kreditversicherungen unter diversen Bezeichnungen wie Corporate Advantage, Tradeliner, Modula, CompactLiner usw. Der Markt ist dadurch viel unübersichtlicher geworden. „Wir müssen heutzutage extrem genau auf jeden Inhalt schauen“, beschreibt GFL-Geschäftsführer Marcus Sarafin die Konsequenzen. „Auch die Bedingungen der Schadensabrechnungen variieren je nach Kreditversicherer stark voneinander.“

Der einfachste Fall, den eigentlich auch alle Versicherer identisch behandeln, ist, wenn ein bedingungsgemäßer Schaden im Limit entsteht und alle Obliegenheiten erfüllt wurden. Auch in der weiteren Bearbeitung im Rahmen des Regresses findet man ein einheitliches Vorgehen. Doch was passiert in allen anderen Fällen?

„Gerade in der jetzigen Krise haben wir viele Fälle, in denen die gezeichneten Limite den Versicherungsnehmern nicht ausreichen“, so Sarafin. „Wir vereinbaren dann mit unseren Kunden alternative Sicherheiten.“ Wenn dann ein Schadensfall eintritt, würden bereits erste Differenzen im Vorgehen der Kreditversicherer deutlich: Ab welchem Zeitpunkt wird ein Schadensfall definiert? Was ist alles versichert? Wie werden Rückflüsse angerechnet? Welche Unterlagen müssen eingereicht werden?

Stolperstellen im Kleingedruckten

Einige Versicherer arbeiten auch mit vertraglichen Klauseln, die weitergehende Geschäftsvorfälle regeln. Das ist den Versicherten oftmals nicht klar. Sie handeln in bestem Wissen, indem sie zum Beispiel ihren Kunden mit nachträglichen Zahlungszielverlängerungen behilflich sind. Oder sie suchen sich noch alternative Sicherheiten. Während das manche Kreditversicherer akzeptieren, wird solch ein eigenmächtiges Verhalten von anderen mit Nichtentschädigung bestraft. „Hier ist es essenziell zu wissen, welcher Versicherer welche Anforderungen stellt und ihn dementsprechend im Vorfeld zu informieren“, rät der GFL-Experte.

Besonderes Augenmerk ist auf die Beitreibung für den Schadensfall zu legen. Hier variiert in den Verträgen stark, welche Zusatzkosten auf das versicherte Unternehmen zukommen, wenn eine Forderung eingetrieben werden muss. Große Unterschiede gibt es auch bei der Frage, wie gegebenenfalls diese Kosten auf die Entschädigung angerechnet werden und was mit dem Regress nach der Entschädigung passiert. Einige Versicherer verlangen auch, dass man ihr Inkasso in Anspruch nimmt – selbst wenn man eine eigene Lösung dafür im Haus hat.

Kundenorientiert oder nicht?

Ein ganz spezieller Fall besteht dann, wenn der Versicherungsnehmer über das Limit geliefert hat, sein Kunde dann ausfällt und nun die Entschädigung berechnet werden soll. Wie die Aufteilung zwischen versicherten zu unversicherten Forderungen stattfindet, differiert. Ganz zu schweigen von dem Fall, wenn im Rahmen des Regresses Erlöse zur Schadensminderung erzielt wurden. „Hier stellen wir fest, dass es kundenorientierte Lösungen im Markt gibt, manche Versicherer aber auch nur ihren eigenen Schaden mindern wollen und so, nach unserer Einschätzung, komplett eigennützig operieren“, kritisiert Sarafin.

„Mich erinnert das an das aktuelle Thema Betriebsschließungen: Viele Gastronomen und andere Betriebe haben sogenannte ‚Betriebsschließungsversicherungen‘ abgeschlossen, die aber im Lockdown nicht griffen, weil Klauseln im Kleingedruckten die Pandemie nicht miteinschlossen“, zieht Sarafin den Vergleich. „Diese Fälle haben medial für Wirbel gesorgt, denn die Wirte glaubten versichert zu sein, doch am Ende standen sie leer dar, da solche Fälle erst einmal abgelehnt wurden – und erst durch Vergleiche entschädigt wurden.“

Auch bei der Kreditversicherung passiere es immer wieder, dass der Kunde im Regen stehen gelassen wird. „Deswegen ist es so wichtig, für jeden Einzelfall die Verträge individuell zu prüfen, die Versicherten aktiv zu informieren und fachlich zu beraten“, beschreibt der Experte das Vorgehen der GFL. „Genau das machen wir für unsere Kunden. Denn pauschale Informationen sind aufgrund der stark differierenden Verträge nicht mehr möglich.“