Die Wirtschaft leidet unter der Corona-Krise und trotzdem sinken die Insolvenzen. Was ist da los? Nach Einschätzung der Coface haben die staatlichen Maßnahmen in vielen Ländern die Verluste überkompensiert. Der Kreditversicherer hat daher berechnet, wie die Insolvenz-Situation ohne Hilfsmaßnahmen aktuell aussehen würde.

In Deutschland wären die Insolvenzen im Jahr 2020 eigentlich um 9 Prozent gestiegen, wenn man die Konjunkturentwicklung zugrunde legt. Tatsächlich sind sie allerdings um 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Ein ähnliches Bild zeigt sich in anderen Ländern: In der Eurozone haben die Insolvenzen um 22 Prozent abgenommen, in der Asien-Pazifik-Region um 19 Prozent und in Nordamerika um 3 Prozent.

Global betrachtet ist das ein Rückgang um 12 Prozent. Ohne die Hilfen der Staaten hätten die Unternehmenspleiten allerdings nach Einschätzung des Versicherers um 36 Prozent zugenommen. Ausnahmen, in denen das Bild nicht durch die Hilfsmaßnahmen verzerrt wird, finden sich nur wenige. So hat Coface lediglich die Türkei und Island ausgemacht. So sind die Pleiten in der Türkei 2020 um 14 Prozent gestiegen, in Island sogar um 23 Prozent.

Keine Prognose für 2021

Da durch die Hilfen die Realität verschleiert wird, verzichtet der Kreditversicherer für 2021 auf eine Insolvenzprognose. Alle Modellprognosen würden funktionierende Marktkräfte unterstellen und seien daher auf die aktuelle Situation nicht anwendbar.

GFL-Geschäftsführer Marcus Sarafin hält dieses Vorgehen für richtig, vor allem, da die bloßen Insolvenzzahlen kaum Aussagekraft für die Gesamtwirtschaft haben: „Eine hohe Zahl an Insolvenzen von Gastronomen, Künstlern oder Soloselbsständigen bringt keinen so hohen wirtschaftlichen Schaden mit sich, wie eine geringe Zahl an Pleiten in Kernbranchen wie Automobil, Maschinenbau oder Handel. Natürlich ist das eine ganz andere Frage, wenn man die individuellen oder kulturellen Schicksale betrachtet – über die reale wirtschaftliche Bedeutung und hier vor allem über den Schadensverlauf der Kreditversicherung sagen die Zahlen jedoch nichts aus.“

Die Risikoeinschätzungen für einzelne Branchen und Länder wird es von der Coface weiterhin geben. Für Deutschland wurden nun einige Bewertungen angepasst. So wurden der Automobil- und Chemiesektor etwas angehoben – die Automotivbranche von sehr hohem Risiko auf hohes Risiko, die Chemie von hohes auf mittleres Risiko. In der Autobranche werde wieder mehr nachgefragt, vor allem aus China, doch die grundlegenden Probleme, die es vor der Pandemie schon gab, bleiben natürlich bestehen. Die Chemiebranche profitiere als Zulieferer für viele Industriebetriebe jedoch davon, dass sich das Verarbeitende Gewerbe in den letzten Monaten wieder erholt hat und die deutsche Industrie wieder auf Wachstumskurs ist.

Deutschland weiterhin nur A3

Das Länderrating für Deutschland bleibt dennoch bestehen. Der erneute Lockdown und die wieder einbrechende Konjunktur zeigten, dass eine Anhebung aktuell noch keinen Sinn mache. Dafür müssten erst die Impfungen weit fortgeschritten und die Pandemie unter Kontrolle sein. So bleibt es auch Anfang 2021 bei der Note A3 – das schlechteste Rating, das es Deutschland seit 20 Jahren gegeben hat.

Die komplette Studie finden Sie hier.