Die Corona-Krise bringt weitreichende wirtschaftliche Folgen mit sich: viele deutsche Unternehmen sind aufgrund der aktuell schlechten wirtschaftlichen Lage auf staatliche Hilfen angewiesen. Hierfür wurde durch die Bundesregierung unter anderem die Insolvenzantragspflicht vorübergehend ausgesetzt. Nun warnt die Auskunftei Creditreform vor einem starken Anstieg sogenannter „Zombieunternehmen“, die aufgrund schlechter Ertragslage nicht fähig sind, die Zinsen von aufgenommenen Krediten zu tilgen. 

Die Auskunftei Creditreform schätzt die Anzahl überschuldeter Unternehmen auf 550.000.

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) plant, die Anmeldepflicht noch bis Ende März 2021 auszusetzen. In diesem Falle rechnet Creditreform mit einem Anstieg auf 700.000 bis 800.000 Unternehmen. Als Ursache der Überschuldung wird die Niedrigzinspolitik der EZB genannt. 

Patrick-Ludwig Hantzsch, Leiter Wirtschaftsforschung von Creditreform: „Die Lage verschlimmert sich von Tag zu Tag. Denn die Insolvenzen werden nur verschoben. Dadurch könnten viele derzeit noch gesunde Firmen mit in den Abgrund gerissen werden.“

Auch Christoph Niering, Vorsitzender des Verbands der Insolvenzverwalter (VID), rechnet damit, dass eine „nicht mehr kalkulierbare Kettenreaktion“ folgen wird, da die finanziellen Belastungen durch die erfolgten Maßnahmen lediglich auf andere transferiert werden: z.B. Vermieter, Lieferanten und Banken.

Johannes Fechner, rechtspolitischer Sprecher der SPD im Bundestag, möchte hingegen die Insolvenzanmeldepflicht sogar noch über Ende März 2021 hinaus verlängern, da seiner Meinung nach „tapfere Unternehmen“ nicht aufgegeben werden sollten. Als Begründung hierfür nennt er die langsame Verbesserung der Auftragslage und der Wirkung staatlicher Hilfen, die einen gewissen Rahmen benötigen, um Arbeitsplätze sicherstellen zu können.

Die Union sieht eine Verlängerung bis Ende 2020 für sinnvoll, da der Selbstreinigungsprozess des Marktes nicht eliminiert werden darf. Jan-Marco Luczak, rechtspolitischer Sprecher der Union: „Unternehmen, die unabhängig von Corona nicht gesund sind und keine wirtschaftliche Perspektive haben, müssen aus dem Markt ausscheiden“. 

Marcus Sarafin, Geschäftsführer der GFL, sieht große Gefahr darin, Unternehmen, die sich in Schwierigkeiten befinden und seit Jahren sehr hohe Zinslasten zu tragen haben, künstlich am Leben zu halten. Die Banken haben das Risiko längst eingepreist. Die Restrukturierung ist aufgrund der erhöhten Kosten deutlich problematischer, aber nicht unmöglich.

Die Beobachtungen der Gesellschaft für Liquidität zeigen, dass in diesen Zeiten der Erhalt der Firmen und damit das Fortbestehen der nationalen Volkswirtschaft aktiv politisch unterstützt wird, da die drohenden Masseninsolvenzen und damit einhergehenden Dominoeffekte auf Arbeitsplätze und Steuereinnahmen weitreichende wirtschaftliche Konsequenzen hätten. Marcus Sarafin: „Wenn sich eins weltweit im Jahr 2020 gezeigt hat: Steht ein Rädchen, steht Alles! Ein Schuldenbereinigungsplan ist sicher eine interessante Idee; aber die Firmen würden weder von Banken noch von Kreditversicherern begleitet werden können, und auch die Lieferanten müssten stark überlegen weiter zu liefern, da Anfechtungsgründe dem widersprechen.“

Quelle: https://www.welt.de/wirtschaft/article213619642/Firmeninsolvenzen-Zahl-der-Zombieunternehmen-steigt-kraeftig.html