Ein hohes Wachstum, doch zahlreiche wirtschaftliche Risiken: Äthiopiens Wirtschaft steht an einem Scheideweg. Ob die Reformen, die der neue Premier Abiy Ahmed einführen will, greifen werden, ist noch offen. Die Credendo Group bewertet das wirtschaftliche Risiko daher mittel, das politische Risiko eher hoch (Kategorie 6 von 7).

Äthopien ist eines der schnellsten wachsenden Länder Afrikas. Während das Wachstum vor dem Jahr 2000 noch bei 2,8 Prozent lag, wächst die Wirtschaft nun um durchschnittlich 9,1 Prozent pro Jahr. Dieses Wachstum wird vor allem von öffentlichen Investitionen in die Infrastruktur getrieben. Mittelfristig erwartet Credendo, dass es sich bei rund 7 Prozent einpendelt.

Obwohl die Wirtschaft stark wächst, stuft der Kreditversicherer das Geschäftsrisiko trotzdem in eine mittlere Kategorie ein (B auf einer Skala von A bis C). So bewertet der „Ease of Doing Business“ Index, der die Geschäftsfreundlichkeit und Unternehmensregulierung einstuft, Äthiopien unter dem Durchschnitt der Subsahara-Region: Das Land schafft es hier nur auf den 159. Platz von 189 Ländern. Die Korruption ist hoch, die äthiopische Währung Birr schwächt sich ab und die Inflation ist im zweistelligen Bereich (15% im Juni 2019).

Der neue Premierminister versucht, wichtige aber schwierige Reformen durchzusetzen. Die häufige Devisenknappheit ist allerdings eine Hürde für die Wirtschaft. Außerdem lassen die hohen staatlichen Investitionen und das geringe Steuereinkommen die Staatsschulden auf ein hohes Level steigen. Während die Schulden 2012 noch bei 42,2 Prozent des BIP lagen, sind sie bis Juli 2018 auf 61,1 Prozent gestiegen. Credendo erwartet allerdings, dass die Schulden ihren Höchststand erreicht haben und bis 2023/24 wieder auf etwa 54 Prozent des BIP sinken werden. So hat die Regierung angekündigt, dass sie keine neuen Megaprojekte verfolgen wird. Auch wird erwartet, dass die Steuern dank einer staatlichen Reform steigen werden. Trotzdem stehen die hohen Schulden einer niedrigen Leistungsbilanz gegenüber.

Wirtschaftliche Risiken stellen Dürren, ethnische Spannungen und niedrige Kaffeepreise dar. So hat die Zahl der Dürren in den vergangenen Jahren zugenommen, worunter die stark wasserabhängige Landwirtschaft – Kaffee, Tee, Gewürze – besonders leidet. Die Regierung unternimmt allerdings Anstrengungen, die Wirtschaft zu diversifizieren. Beunruhigt über die niedrigen Exporteinnahmen, arbeitet Äthiopien daran, eine Führungsposition in der Leichtindustrie zu werden, da hier mehr Jobs geschaffen werden können.

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